Türkei schiesst russisches Flugzeug ab– Sabotageversuch an der Anti-IS-Koalition

Türkei schiesst russisches Flugzeug ab– Sabotageversuch an der Anti-IS-Koalition

Erdogan hat jetzt ein russisches Flugzeug abgeschossen–just zu der Zeit nach den Wiener Syriengesprächen, bei denen auch Russland und Iran eingeladen wurden und dem G-20-Gipfel in Ankara, auf dem es um die Anti-IS-Koalition unter Einschluss Russlands und des Irans ging.Zudem stand ein russisch-türkisches Treffen kurz bevor, das nun die Russen abgesagt haben neben Drohungen wirtschaftliche Sanktionen im Bereich des Tourismus, einer geplanten Gaspipeline und eines geplanten Atomkraftwerks für die Türkei vorzunehmen. Nach der absoluten Mehrheit in den Wahlen will Erdogan nun zügig seine Macht ausbauen, wenngleich noch unklar ist, wie er die Verfassung in Richtung Präsidialdikatur ala ägyptischer Muslimbruderschaftdiktatur unter Mursi abändern will oder ob er nicht auf die Ausrufung des Kriegsrecht oder des Ausnahmezustands kalkuliert, um sich als Diktator zu etablieren.Auch nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang: Der versuchte Mordanschlag gegen HDP-Chef Demitras vor 2 Tagen, der zeitgleich mit türkischen Bombenangriffen auf kurdische Stellungen im Nordirak und Nordsyrien gegen die PKK und die YPG vor sich ging, um ein Erstarken der PKK-Kurden samt das mögliche Entstehen eines Kurdenstaatsgebildes schon im Keim zu ersticken:

„Auf den Co-Vorsitzenden der prokurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas, ist offenbar ein Anschlag verübt worden. Das teilte ein Sprecher der Partei am Sonntagabend mit.

Demnach wurde auf Demirtas‘ Auto geschossen, als er in Begleitung seines Sicherheitsteams in der kurdischen Hochburg Diyarbakir im Südosten der Türkei unterwegs war. Die Heckscheibe des kugelsicheren Fahrzeugs sei von einem Schuss getroffen worden.Demirtas blieb laut seinem Sprecher unverletzt. Er sagte der Nachrichtenagentur Firat, sein Fahrzeug sei von der Polizei sichergestellt worden. Eine Patrone wurde demnach aber nicht gefunden.

Auch auf die zweite Vorsitzende der HDP, Figen Yüksedag, wurde vor wenigen Tagen ein Anschlag verübt. Auch sie blieb unverletzt.Die Partei hatte bei den Wahlen in der Türkei die Zehnprozenthürde übersprungen und ist in das Parlament eingezogen. Erdogans regierende AK-Partei verlor deswegen die absolute Mehrheit. Nach einer Neuwahl in diesem Monat kann sie zwar wieder allein regieren. Die HDP schaffte aber erneut den Sprung ins Parlament.“

http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-schuesse-auf-das-auto-von-hdp-chef-demirtas-a-1064041.html

Die Lage eskalierte also schon in den letzten Tagen sowohl innenpolitisch wie auch außenpolitisch, zumal auch die Kurden Landgewinne mit den Assadtruppen unter russischen Luftschlägen in Nordsyrien machten, wie auch die PKK und die Peshmerga und irakische Armee samt schiitischen Milizen im Nordirak den IS zurückdrängten. Von daher scheint der Zwischenfall nicht so zufällig. Offiziell wird nun der Abschuß  damit begründet, dass das russische Flugzeug für weniger als eine halbe Minute türkischen Luftraum durchquerte und angeblich 10 mal gewarnt wurde, der Aufforderung aber nicht nachkam. Dennoch stellt sich hier die Frage, ob man deswegen gleich ein Flugzeug abschiesst, denn die Russen verletzen auch öfters den Luftraum von NATO-Staaten ohne dass diese überreagieren würden oder gar russische Flugzeuge abschiessen würden. Meistens werden die Flugzeuge abgedrängt oder man wartet ab, bis sie den Luftraum wieder verlassen. Beri Zeiträumen von weniger als 1 Minute geschieht ohnehin nichts. Es sieht eher danach aus, dass Erdogan die Annäherung der Obamaregierung, der NATO, des Westens und Frankreichs an Russland zur Bildung einer Anti-IS-Front verhindern und stören will.Jedenfalls nicht ungefährlich, denn fraglich ob die Russen bei einem zweiten Abschuss dann auch so zurückhaltend reagieren werden. Die Frage ist, wieweit Erdogan gehen will. Wenn die Türkei die geplante Pufferzone in Nordsyrien, vielleicht sogar noch mit einer Flugverbotszone mit ihrem Militär doch noch realisieren, käme damit eine völlig neue, gefährliche Dynamik in die ohnehin schon brisante Konstellation.Den Marsch auf Damaskus wird er wohl nicht mehr wagen, denn dann käme er in einen direkten Krieg mit Russland und dem Iran. Experten meinen, dass Erdogan dies nicht machen würde, solange er nicht die Erlaubnis dazu von den USA und der NATO hätte und dies sei sehr unwahrscheinlich. Naja, wenn er nicht nach Syrien einmarschieren will,auch keine Pufferzone oder gar Flugverbotszone mehr will, ist er auch nicht größenwahnsinnig, sondern eben durchaus noch realpolitisch. Das widerspricht eigentlich dem  Gesagten und würde ihn wieder von Größenwahnsinnigen wie Hitler und Mussolini unterscheiden, die sich ja auf riskante Eroberungsabenteuer einliessen. Zu beachten ist auch, dass in dem umkämpften Gebiet Turkmenen hausen und die Türkei gegen deren Bombadierung zuvor Protest eingelegt hatte .Dann bleibt Erdogan im wesentlichen nur die indirekte Unterstützung für den IS und die direkte Unterstützung der dschihadistischen Jayesh el Islam, der Jayesh el Fatah, der Ahrar el Scham, der Muslimbrüder und der mehr säkularen FSA, in der Hoffnung, dass diese Assad doch noch stürzen werden und er so Verbündete für seine Idee eines neoosmanischen Reichs hat. Dies wird aber mit dem russische Eingreifen unwahrscheinlicher, zumal Russland eben die von Saudiarabien und der Türkei unterstützten Dschihaddistengruppen noch vor dem IS bombadiert und bekämpft, was auch ein Kritikpunkt der USA und Europas ist, wobei nicht klar ist, wen letztere nun mit dem Begriff „gemäßigte Rebellen“meinen–nur die FSA oder auch die sogenannt moderaten Dschihadistengruppen und Gotteskrieger. Auch die USA und Frankreich wollen wie die Türkei und Saudiarabien Assad von der Regierung weg haben und eine Übergangsregierung, aber gleichzeitig wollen sie mehr die Bekämpfung des IS, den die Türkei scheinbar indirekt unterstützt neben all den genannten sogenannten „moderaten“Rebellengruppen, die aber auch nur islamistische Dschihhadisten sind und nur im Vergleich mit dem IS „gemäßigt“erscheinen.

Schließt sich der Westen Assad und seinem Regime, dazu Russland, dem Iran und der Hizbollah des Libanon an, die alle vier gemeinsam sowohl gegen die “gemäßigten” Dschihadisten als auch (etwas weniger intensiv) gegen den IS kämpfen, dann treibt man diese Dschihadisten in die Hände des IS und stärkt diesen insofern.Was immer daran richtig sein mag – eine Niederlage des syrisch-russisch-iranischen Bündnisses würde zu riesigen Masakern gegen Assdaleute, Alewiten, Christen, Drusen und Schiiten führen und zu einer Massenflucht aus Syrien führen, die Europa in einem Maße überfordern würde, dass dann Europa destabilisert würde: in Form von rechtsorientierten autoritären Regierungen, deren primäre Aufgabe darin bestünde, diese dann wirklich gewaltige Flüchtlingswelle von Europa mit allen Mitteln, auch mit Waffengewalt abzuwehren.Es scheint immer noch Politiker zu gebemn, die glauben: Wenn man Assad beseitigt hat, folge in Syrien natürlich ein linksliberales demokratisches System, das dem Westen wohlgesonnen ist und ein Leuchtturm der toleranten säkularen Demokratie im Nahen Osten. Was denn auch sonst!!

Aber Erdogans Rechnung scheint nicht aufzugehen, dass die NATO sich von Russland wegbewegen würde. Bezeichnend, dass nun  auch Putin Erdogan als „Helfershelfer der Terroristen“bezeichnete und nun russische Medien die direkte Verwicklung der Erdoganfamilie in den Ölschmuggel des IS quasi wikileaken:

„The key reason the Obama administration had not thought about this before is Turkey. Washington needs NATO member Ankara for the use of the Incirlik air base. And then there’s the sensitive subject of who profits from Daesh’s oil smuggling.
Turkish Socialist party member Gursel Tekin has established that Daesh’s smuggled oil is exported to Turkey by BMZ, a shipping company controlled by none other than Bilal Erdogan, son of “Sultan” Erdogan.
At a minimum, this violates UN Security Council resolution 2170. Under the light of Putin’s message of going after anyone or any entity engaged in facilitating Daesh’s operations, Erdogan’s clan better come up with some really good excuses.“

http://russia-insider.com/en/fight-against-isis-russia-aint-taking-no-prisoners/ri11296

Erdogan hat vor einer „Internationalisierung „des russisch-türkischen Streits gewarnt, sei es etwa dadurch, dass Russland einen Antrag an den UN-Sicherheitsrat stellt, Sanktionen gegen die Türkei wegen deren Schmuggel von IS-Öl zu verhängen.

Die USA haben sich jetzt ganz offiziell hinter Erdogan gestellt:

“Die Türkei habe Russland bereits wiederholt „vor der Gefahr gewarnt, mit dem Terrorismus zu flirten“, fuhr Antonow fort. Er verwies darauf, dass Erdogans Sohn Bilal eines der größten Energieunternehmen der Türkei leitet und sein Schwiegersohn, der Geschäftsmann Berat Albayark, Energieminister ist. „Was für ein wunderbares Familienunternehmen!“, fügte er hinzu. Der Handel mit Rohöl ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der IS-Dschihadisten.
Erdogan reagierte erzürnt: „Niemand hat das Recht, die Türkei mit der Behauptung zu verleumden, sie kaufe Öl vom IS“, sagte er bei einem Besuch in Katar. Der amerikanische Außenamtssprecher Mark Toner sagte in Washington: „Wir sehen keinerlei Beweise für Vorwürfe, die Türkei mache beim Ölschmuggel mit dem IS gemeinsame Sache.“”

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/tuerkei-russland-wirft-erdogan-persoenliche-is-verbindung-vor-13945720.html

Erdogan kritsiert Russland nun auch dafür, dass dieses seine Familie persönlich angreife, das Ganze also auch eine Frage der Familienehre sei und dreht den Vorwurf um:

„Erdogan wies die Vorwürfe entschieden zurück.“Meine Familie hineinzuziehen, ist eine nicht sehr moralische Seite dieser Angelegenheit“, sagte er. Die Türkei habe Belege, dass der größte Ölhandler mit dem IS ein russisch-syrischer Staatsbürger sei.“

(Münchner Merkur vom 4.12.2015, S.4)

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden strongmen Putin und Erdogan ist jedenfalls nicht ohne Brisanz: Da kommen sich zwei Alphatiere ins Gehege und keiner will nachgeben. Zumal noch mit tradierten Ehrbegriffen und überbordendem Nationalstolz ist Deskalation unter beiderseitiger Gesichtswahrung nicht so einfach.Zudem muss man sich klar sein, dass es bei einem zweiten Zwischenfall wohl noch heftiger zugehen dürfte.Also, keineswegs so ungefährlich, zumal eben die Türkei auch noch NATO-Mitglied ist und sowohl über den Bosporus und die Krimtartaren in die Auseinandersetzungen um die Ukraine wie auch in Syrien, also originär russischen Einflusssphären direkt involviert ist. Jedenfalls tagt jetzt der NATO-Russlandrat wieder–zumindestens seitens der NATO scheint man auf Deeskalation zu setzen, umgekehrt wurden aber die Russlandsanktionen wieder verlängert–Erdogan ist da die unberechenbare Variable. Sollte Russland die Sanktionen gegen die Türkei verschärfen, könnte Erdogan die Passage russischer Schiffe und der Schwarzmeerflotte durch den Bosporus blockieren.Fragt sich dann wie die Russen reagieren werden.Weichen sie dann auf ihre neuen Militärhäfen in Ossetien aus oder werden sie das nicht akzeptieren und eine Konfrontation eingehen? In seiner Rede an die Nation kündigte Putin nun eine harte Linie gegen die Türkei an–kein Signal also von Deeskalation.

Viel wird also zukünftig auch davon abhängen, wer der nächste US-Präsident wird und welche Rolle die USA dann weltpolitisch wieder einnehmen werden. Russland würde vielleicht auch Assad opfern, jedoch an der Baathpartei festhalten, wenn die USA die Unterstützung für die sogenannten moderaten Dschihaddistengruppen wie Jayesh el Fatah, Jayesh El-Islam, Ahrar Sham und die Muslimbrüder fallen lassen würden und diese wie Russland als „Terroristen“gleichberechtigt mit dem IS behandeln und bekämpfen würden. Momentan hält sie aber noch an ihm fest, da sie der Ansicht ist, dass er der Garant für den Zusammenhalt der syrischen Armee ist, welche Russland wiederum als den Faktor für den Erhalt der syrischen Integrität hält.Auch befürchten die Russen, dass bei einer Absetzung Assdas die Baathpartei und die Armee zerfällt und sich eine ähnliche Situation ergibt wie im Irak nach der Debaathiserung durch die USA.

Interessant ist aber in diesem Zusammenhang, dass jetzt die ukrainische Regierung zeitgleich die Stromversorgung für die Krim unterbrochen hat, ukrainische Nationalisten und Krimtartaren auf der Krim Sabotageattentate verübten, sodass Russland neben der Türkei und Syrien an einer zweiten Front herausgefordert wird.Inzwischen droht die Ukrainekrise sich wieder zu einem veribtablen Gaskrieg zwischen Russland und der Ukraine auszuwachsen, der auch die Versorgung Europas mit Russengas zu gefährden droht. Wäre interessant zu wissen, inwieweit die USA oder bestimmte Teile in den USA das unterstützen oder nicht.In einem programmatischen Artikel der Republikanernahen Heritage Foundation schlägt ein Autor eine Destabilisierung Russlands an mehreren Fronten , eben auch der Ukraine und Georgien vor, damit die Russen sich wie schon in Afghanistan übernehmen:

“The Russian incursion does create opportunities as well as cause problems. Unless they overreach, the Russians can likely hold the coastal Alawite region of Syria. And if Syria was all Russia had on its plate, it would have little to worry about. But Syria is not all. There is Georgia, Ukraine, and all the rest.

Collectively, Russia is taking on a lot of commitments. The United States should make those commitments costly, because Russia cannot afford to pay high costs for long. That’s not a call for shooting down Russian jets. It’s about using all the means at our disposal to make Russia work harder and sweat. For every Russian airstrike, an anti-tank missile to Ukraine. For every Russian plane to Assad, an anti-aircraft missile to Georgia. For every Syrian killer who visits Moscow, a Russian kleptocrat banned from the United States. Syria is not a separate case; it is part of the whole, and we should treat it as such.

But that’s not what we’re doing. Far from making Russia pay, we’re trying to pay them off. Secretary of State John Kerry has suggested the United States would give Russia concessions if Moscow persuaded Assad to stop using barrel bombs to kill civilians.

That’s what the administration calls American leadership: paying off one thug to persuade another thug to find a more humane way to kill his own people. That’s not leadership. It’s certainly not thinking creatively about how to turn Russia’s involvement to our advantage. And it’s not right.”

http://www.heritage.org/research/commentary/2015/10/for-every-russian-tank-sent-to-syria

Man sollte sehen, dass andere Konfliktherde in den Syrienkonflikt mithineinspielen können, wie eben die Ukraine und das Südchineische Meer, in dem Obama und China ja auch um den „Asian Pivot“kämpfen. Die Konzentrierung auf einen Konflikt kann dazu führen, dass an anderer Stelle ein neuer ausbricht.Wolfgang Ischinger meinte jedoch, das sei nichts Neues, denn trotz Ukrainekonflikt habe man mit Russland den Irandeal ausgehandelt und habe das Land dabei eine sehr konstruktive Rolle gespielt. Man könnte, „wie die Amerikaner sagen würden, gehen und dabei Kaugummi kauen“.

Unklar bleibt jedoch, wie man Syrien befrieden will. Von Neuwahlen, einer Übergangsregierung und einer neuen Verfassung ist nun die Rede. Den IS kann man ohne Bodentruppen nicht besiegen, bestenfalls schwächen und eindämmen. Assads Truppen, die Rebellen und die Kurden sind nicht in der Lage das ganze Gebiet Syriens und die irakische Armee, die schiitischen Milizen und die Kurden nicht in der Lage das gesamte Gebiet des Iraks zu erobern oder gar zu besetzen, zudem der IS im Falle einer Besetzung zur Guerillataktik und Häuserkampf umschalten würde wie dies die USA im Irak mit Al kaida und anderen Dschihhadistengruppen erfahren mussten. Der Krieg würde nicht mit einer Besetzung enden, sondern dann erst beginnen. Zweitens: Nehmen wir selbst mal an, es gebe keinen IS mehr in Syrien und Irak, so beginnt dann doch erst der nächste Bürgerkrieg. Es ist unwahrscheinlich, dass sich solche Dschihhadistengruppen wie Al Nusra, Armee der Eroberung, Ahrar al Sham, Jayesh el Fatah, Jayesh el-Islam, die Muslimbrüder für eine säkular-demokratische oder säkular-despotische Regierungsform entscheiden werden–sie wollen weiterhin einen Gottesstaat. Inwieweit es überhaupt möglich ist, da eine gemeinsame Regierung hinzubekommen, etwa nach tunesischem Modell ist eher ungewiss und unwahrscheinlich. Wie daraus eine neue Verfassung und eine friedliche Koexistenz dieser Gruppen erfolgen soll, ist ebenso völlig schleierhaft.

Und wie sehen die Perspektiven für Syrien aus?  Bei Maybrit Illner ging es recht hoffnungsschwanger zu. Jürgen Trittin gab da eine etwas optimitische Einschätzung: Jede der Konfliktparteien sei sich im klaren, dass sie allein durch die Unterstützung der jeweiligen Gruppen nicht mehr ganz Syrien zurückerobern oder gar gewinnen könne. Es gehe momentan nur darum, Geländegewinne zu machen, um dann eine bessere Verhandlungsposition zu haben. Wie es aussieht glaubt Trittin an eine Art Westfälischen Frieden für den Nahen Osten, bei dem die Interessensgebiete je nach Religion, politischer Positionierung oder Ethnie aufgeteilt würden. Überlegt wurde auch, ob man die Türkei und Russland so zentral in den Konflikt hineinregieren lassen sollte, da sie beide autoritäre Systeme mit zumal sehr unterschiedlichen Interessen im Syrienkonflikt seien wie der Zwischenfall mit dem russichen Flugzeug zeigt, aber umgekehrt stellte sich die Frage, wer ihre Rolle ausfüllen sollte, da sich die USA zurückhielten und die Europäer nur begrenzt handlungsfähig seien. Wolfgang Ischinger meinte, eine Syrienkonferenz, die nur den Ziel eines Waffenstillstands habe, bekäme von ihm nur eine 5 minus, denn vor allem wichtig sei eine post-conflict-Lösung, die aber arabische Truppen vielleicht unter UNO-Mandat und viele Milliarden an Gebergeldern erfordere. Die Sicherheitsexpertin des EU- Instituts für Sicherheitsstudien in Paris Florence Gaub stimmte dem zu und meinte, das könne gut ein Jahrzehnt oder länger wie im Kosovo oder Bosnien dauern und würde viel kosten–darauf müsse man die deutsche und westliche Bevölkerung geistig vorbereiten. Zudem bestünde die Hauptbasis des IS nicht in Syrien, sondern im Irak und wären die meisten IS-Leute Iraker. Auch wenn Syrien gelöst sei, so immer noch nicht das Problem des IS. Denis Yücel wiederum meinte, selbst wenn Syrien gelöst sei, dann sei der nächste Problemfall Lybien, Yemen und der Irak und der IS werde dorthin seine neue Offensive starten. Jedenfalls wurde klar, dass uns die Konflikte im Greater Middle East noch lange Zeit beschäftigen werden. Und es bleibt abzuwarten, wer der neue US-Präsident wird und wie sich dann die ganze Konfliktdynamik nochmals ändern wird.

 

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