Trump-Wer die totale Konkurrenz propagiert, braucht sich nicht zu wundern, dass er den totalen Führer bekommt

Trump-Wer die totale Konkurrenz propagiert, braucht sich nicht zu wundern, dass er den totalen Führer bekommt

Gastautor: Genova

Nun wird dieser skurrile Herr Trump also US-Präsident. Der Typ ist natürlich das letzte, keine Frage. Aber das ist bekannt, seit Monaten breitgetreten. Interessanter sind die deutschen Reaktionen. Ursula von der Leyen erlitt nach ihren Worten einen „schweren Schock“. Vielleicht sollte sie unverzüglich in eine Intensivstation eingeliefert werden und sich aus der Politik verabschieden. Oder auch nur einmal nicht lügen. Natürlich erlitt sie keinen schweren Schock, sondern sie registrierte nur, dass sie gegenüber der Kanzlerin eine Erhöhung ihres Rüstungsetats durchdrücken muss, da Trump weniger Geld für die Verteidigung Europas ausgeben will. Sie wird das schnell als willkommene Herausforderung begreifen. Die unvermeidliche Frau Merkel hat schon davon gesprochen, dass Deutschland „mehr Verantwortung“ übernehmen werde. Der noch unvermeidlichere Herr Gauck will auch mehr Verantwortung, diesmal für Europa. Wer die deutsche Geschichte und das political wording nur ein wenig kennt, weiß, dass das nichts Gutes bedeuten kann.

Dass Trump bei den Amis große Sympathien genießt, ist, wie gesagt, seit Monaten klar. Ob er nun knapp Präsident wird oder auch nicht, ist da zweitrangig. Irgendwo las ich gerade, dass jeder zweite Amerikaner schon bei der Bezahlung einer mittleren Autoreparaturrechnung überfordert ist. Dass viele genau dieser Leute wohl Trump wählten, ist einerseits nur schwer begreiflich und sicher kann man diese Leute in gewisser Weise als dumm und dämlich bezeichnen. Aber es ist menschlich, offenbar. So reagiert der Mensch mehrheitlich, der sich bedrängt fühlt. Politisch rechts. Warum sollte man das immer wieder beklagen? Taten wären angesagt. Und die müssten natürlich von Links kommen.

Interessant auch die Reaktionen der deutschen Wirtschaft, wie man sagt. Man befürchtet dort Exportrückgänge wegen der angekündigten protektionistischen Politik. Na, sowas. Dass Protektionismus nun in den Medien allgemein als etwas Böses dargestellt wird, zeigt die neoliberale Verkommenheit ebendieser, sonst nichts. Ohne Protektionismus wäre das Deutsche Reich nicht wirtschaftlich aufgestiegen, und heute gilt für China oder Südkorea das gleiche. Der fehlende Protektionismus hält Afrika unten, ganz im vermeintlichen Sinne Europas.

Protektionismus kann eine sinnvolle Maßnahme sein, das kann man von Fall zu Fall entscheiden. Für ein aggressives, imperialistisches Land wie Deutschland ist das natürlich unangenehm. Hier will man ja auf Teufel komm raus die Exporte steigern, 200 Milliarden Überschuss pro Jahr sind noch nicht genug. Der böse Trump könnte das vereiteln. In den Medien hinterfragt kein Mensch jenseits linksextremer Publikationen Sinn oder Unsinn von Protektionismus. Er ist das Böse, so wie Schneeregen.

Protektionismus ist nicht der Todfeind der Demokratie, sondern eher der Todfeind des Neoliberalismus. Dass deutsche Medien da keinen Unterschied mehr machen, wundert niemanden, der das intellektuelle Niveau dieser Leute seit einiger Zeit betrachtet. Trumps Forderungen nach Protektionismus werden von den deutschen bürgerlichen Medien auf die gleiche Ebene gestellt wie sein Sexismus und Rassismus: alles ein no go.

Die  Wirtschaftsberichterstattung des deutschen Mainstreams seit Mittwoch Morgen über Trumps Erfolg zeigt eigentlich, wie abgewirtschaftet weite Teile des Establishments auch in Europa sind. Man begreift nicht, wer die Totengräber eines demokratischen, multikulturellen, pluralistischen, sozialen, menschlichen Gemeinwesens sind: Nicht Trump, nicht die AfD, nicht LePen. Das sind nur braune Reaktionen, die jeder halbwegs befähigte Soziologe erklären kann.

Es sind die Gerhard Schröders, die Joschka Fischers, die Angela Merkels, die Michael Müllers, die Clintons, die Bushs, die Sigmar Gabriels, die Cem Özdemirs, die Peer Steinbrücks, die Jean-Claude Junckers, die Markus Söders – um nur ein paar zu nennen -, und ihre tausende Helfer und Helfershelfer in Politik, Wirtschaft und Medien. Man könnte hier hunderte oder tausende neoliberal durchtränkter Artikel aus Süddeutsche, Zeit, Spiegel, FAZ, Bild und unzähliger Regionalzeitungen der vergangenen 20 Jahre anführen, die als Zeugnisse der totalen Propaganda fürs Kapital zu werten sind. Es ist das neoliberale Establishment, das weite Teile der Welt im Griff hat. Wer die totale Konkurrenz propagiert, braucht sich nicht zu wundern, dass er den totalen Führer bekommt. Alles aus der Geschichte bekannt. Die gerade genannten Namen und Zeitungen sind die effektiven Erzeuger eines neuen, zeitgemäßen Faschismus ohne Uniformen. Dass viele der dort Beteiligten zu dämlich sind, um das zu merken, mindert allein die persönliche Haftung.

Dass dieser Siegeszug in den USA mit einem republikanischen Präsidenten namens Reagan begann, nennt man wohl Ironie der Geschichte. Es ist aber keine Entschuldigung für die neoliberalen Kameraden hierzulande. Wir haben eine neoliberale Entwicklung in allen ökonomisch relevanten Politikbereichen: ob es die Rente ist oder die Infrastruktur, ob Wohnen oder Krankenversicherung, ob Europapolitik oder die gegenüber Entwicklungsländern: Seit 30 Jahren haben wir das Primat des Ökonomischen, jenseits des Humanen – und zwar ohne jede objektive Notwendigkeit. Die Entwicklung der Europäischen Union in diesem Zeitraum sollte als Beleg genügen: Zurichtung von Gesellschaften für Kapitalverwertung und Etablierung von Konkurrenz zwischen den Nationalstaaten. Je objektiv sinnvoller eine Entschleunigung, eine Entspannung des Lebens wäre, desto beschleunigter und verspannter ist die reale Politik, die der unsichtbaren Hand des Kapitals blind folgt. Es ist völlig normal, dass wir einen Trump, einen Höcke, einen Strache und einen Wilders bekommen. Das kapitalistisch geknechtete Wesen kann gar nicht anders als seine vermeintliche Befreiung über Hass und ähnliches zu versuchen.

Wer das nicht kapiert, braucht sich über die genannten Rechtsradikalen nicht aufregen.

Der heutige durchschnittliche Rechtsradikalenkritiker ist auf dem analytischen Niveau des durchschnittlichen Trump-Wählers. Vielleicht ist das der Kern des Problems.

https://exportabel.wordpress.com/2016/11/09/herr-trump-und-die-eigentlichen-probleme/#comment-15165

——————————————————————————————————————————————————-

Kurze Wahlanalyse

Der The Telegraph http://www.telegraph.co.uk legt erste Erkenntnisse vor, warum es für Hillary Clinton nicht geklappt hat:

Sie versagte bei Frauen, jungen Amerikanern, Afro-Amerikanern und Hispanics, allen Gruppen mit deren Unterstützung das Clinton-Lager fest gerechnet hatte.

Ein Vergleich der Wahlergebnisse in diesen Wählergruppen von 2012 zwischen Romney, REP und Obama, DEM und 2016 Trump, REP und H. Clinton, DEM:

FRAUEN:

2012……2016
55%…….54% DEM (Clinton = -1%)
44%…….42% REP (Trump = -2%)

Das bedeutet, Trump hat bei Frauen gegenüber seinem Vorgänger Romney trotz seine Sprüche nur 2% verloren!

Hillary Clintons Versuch auf dem Ticket der „ersten Frau“ das Weisse Haus zu erreichen scheiterte grandios. Sie erreichte mit nur 54% sogar ein Prozent weniger Frauen als ihr attraktiver(?) männlicher Vorgänger Obama!

JUNGE US-BÜRGER (bis 29 Jahren!):

2012……2016
60%…….54% DEM (Clinton = -6%)
37%…….37% REP (Trump = +-0%)

Hillary Clinton verlor gegen Obama 6% bei jungen Amerikanern. Sie kam bei den Jungen nicht an. Trump konnte das Ergebnis seines farblosen Vorgängers in dieser Altersgruppe hingegen halten und gleichzeitig bei den 65+ Alten reichlich zulegen. Das erklärt den Wahlsieg im Swingstaat Florida wo viele Pensionäre leben.

JAHRESEINKOMMEN UNTER $50k:

2012……2016
60%…….52% DEM (Clinton = -8%)
38%…….41% REP (Trump = +3%)

Bei dieser Einkommensgruppe verlor Clinton 8% zu Obama. Trump steigerte sich gegenüber Romney um 3%.

KLEINSTÄDTE, LÄNDLICHE GEBIETE:

2012……2016
48%…….34% DEM (Clinton = -14%)
50%…….63% REP (Trump = +13%)

Clinton verlor als typische Washingtoner- und Ostküstenpolitikerin 14%(!) auf dem platten Land!
Trump konnte hingegen in dieser Gruppe 13% hinzu
gewinnen.

AFRO-AMERICANS:

2012……2016
93%…….88% DEM (Clinton = -5%)
06%…….08% REP (Trump = +2%)

Clinton verlor 5% auf Obama, während Trump immerhin 2% auf Romney zulegen konnte.

HISPANICS:

2012……2016
71%…….65% DEM (Clinton = -6%)
27%…….29% REP (Trump = + 2%)

Clinton verlor sogar bei den Hispanics6% Zustimmung. Trump, der diese Gruppe beschimpft und bedroht hatte, konnte sogar um 2% zulegen!

Zusammenfassend kann man sagen, daß Donald Trum bei ALLEN hier aufgeführten Wählergruppen zulegen konnte, während Hillary Clinton in ALLEN diesen Gruppen an Boden verlor! Die Demokraten haben in ländlichen Gegenden den Boden unter den Füßen verloren. Darin dürfte die Erklärung für das Wahldebakel der Hillary Rodham Clinton liegen.

Kommentare sind geschlossen.