Trump und Brzezinksi–zwischen situativem Merkanitilismus und futuristischer Strategie

Trump und Brzezinksi–zwischen situativem Merkanitilismus und futuristischer Strategie

Trump bei NATO und G7-Gipfel, Brzezinski gerade gestorben. Kritiker Trumps bemäkeln, dass diesem US-Präsidenten jegliche Strategie, Vision und Werteorientierung fehle–als Gegenbeispiel und Vorbild wird nun von vielen der gerade verstorbene Zbig Brzezinski in den Nachrufen genannt und gefeiert. Beide verkörpern idealtypisch zwei Archetypen: Trump mehr ein kleinkrämerischer, situativer, merkantilitischer Geschäftsmann, der andere ein geopolitischer Stratege, der große Weltordnungen für ferne Zukunften entwarf. So schrieb Brzezinski mal:

„Eine Geostrategie für Eurasien (…)

Wie beim Schach müssen Amerikas globale Strategen etliche Züge im voraus durchdenken und mögliche Züge des Gegners vorwegnehmen. Eine konsequente Geostrategie muß daher zwischen kurzfristiger Perspektive (grob gesagt, für die nächsten fünf Jahre), einer mittelfristigen (bis zu zwanzig Jahren in etwa) und einer langfristigen (über zwanzig Jahre hinaus) Perspektive unterscheiden. Zudem dürfen diese Zeitabschnitte nicht als in sich abgeschlossen betrachtet werden, sondern als Teile eines Kontinuums. Die erste Phase muß allmählich stetig in die zweite überleiten – ja, muß bewusst auf sie gerichtet sein – , und die zweite muß entsprechend in die dritte übergehen.

Kurzfristig ist es in Amerikas Interesse, den derzeit herrschenden Pluralismus auf der Landkarte Eurasiens zu festigen und fortzuschreiben. Dies erfordert ein hohes Maß an Taktieren und Manipulieren, damit keine gegnerische Koalition kommt, die schließlich Amerikas Vorrangstellung in Frage stellen könnte, ganz abgesehen davon, dass dies einem einzelnen Staat so schnell nicht gelänge, Mittelfristig sollte die eben beschriebene Situation allmählich einer anderen weichen, in der auf zunehmend wichtigere, aber strategisch kompatible Partner größeres Gewicht gelegt wird, die, veranlasst durch die Führungsrolle Amerikas, am Aufbau eines kooperativeren transeurasischen Sicherheitssystems mitwirken können. Schließlich, noch längerfristig gedacht, könnte sich aus diesem ein globaler Kern echter gemeinsamer politischer Verantwortung herausbilden.“

(Brzezinski, Z.: Die einzige Weltmacht, S. 281 ff.)  Und:

„Einige würden es sogar begrüßen, wenn ein von Deutschland angeführtes Mitteleuropa entstünde, da Deutschland als eine positive regionale Macht betrachtet wird.“ (ebd., S.252)

Sonntag, 5.11.2000, Literaturhaus München 17 Uhr. Geladen ward von Bertelsmann zum imperialistischen Big Talk .Der Bayerische Rundfunk zeichnete für seinen Bildungskanal BR Alpha die Rede „Europa und die Weltmacht USA“ auf, damit auch der lesefaule deutsche Bildungsbürger vom TV-Sessel aus den imperialistischen Diskurs über die Architektur einer neuen Weltordnung nicht verpasse.Referent: Zbigniew Brzesinski. Die Einführung übernahm Josef Joffe, Transatlantiker, Mitglied der Transatlantischen Brücke, ehemaliger Redakteur der Süddeutschen Zeitung und nun bei der ZEIT schreibelnd.

Ich hatte Gelegenheit damals in München im Literaturhaus Brzezinski und seinen Kameraden Jose Joffe von der SZ (nun ZEIT) am Rande persönlich nach seiner Rede im Rahmen eines Interviews kennenzulernen und im Gespräch und bei meinen Nachfragen kamen mir seine Weltordnungsentwüfe doch sehr übertrieben, zu futuristisch-langfristig angelegt vor, wie er sich scheinbar auch Staaten als geopolitische Legosteine vorstellte, die man nach eigenem Gusto bewegen könne wie ein Schachspieler und die willenlos den Anweisungen des Puppenspielers und seiner genialen Geostrategie folgen und sich nach ein paar Manipulationen willig in die Weltordnung einfügen würden.

Der folgende Teil seiner Rede war im wesentlichen eine kurze Wiedergabe der zentralen Gedanken seines Buches The Grand Chessboard (1997) – (deutsche Ausgabe : Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft. 1999) .Hiernach spielen sich die wesentlichen Entwicklungen in Eurasien ab, welches er geopolitisch auffasst. Europa und Asien- Eurasien, wobei der Ferne Osten und Der Nahe Westen strukturell asymetrisch sind. Während in Europa eine EU und eine NATO existiert, so nichts vergleichbares im Fernen Osten. Ein Krisengürtel zieht sich demnach über einen zweiten Balkan, ein anarchisches Zentralasien bis an die Grenze Chinas (südliche Mitte). Die andere Seite Eurasiens bildet dann der Far East, wo u.a. Japan, China, Indien, Pakistan keine kooperative Sicherheitsarchitektur entwickelt haben, sondern immer noch recht eigenwillige, nationalstaatliche Interessen verträten.

Da Eurasien entscheidend sei, müsse eine Sicherheitsarchiketur namens Transeurasisches Sicherheitssystem (TESS) mit einer Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Eurasien (OSZEA) im Zentrum unter der Ägide und Beteiligung der USA errichtet werden

(Nicht umsonst sollte ja auch KSZE-/OSZE- Architekt Genscher die Einführung zur Rede von Z´Big halten, der auch das Vorwort in der deutschen Ausgabe von Zbigs Buch geschrieben hatte – eine versuchte Abstimmung zwischen dem deutschen und US- Imperialismus).

Die UNO erfülle nicht mehr eine zeitgemäße Ordnungsrolle. Zum einen sei die geopolitische Bedeutung der USA und Eurasiens nicht zentral gewürdigt, sondern auch noch so unwichtige Kontinentalmassen wie die Have- Nots in Afrika und sonstige Störenfriede (die dann weniger geopolitisch subsumiert werden) da zu sehr aufgehoben. Zum anderen würden im UN-Sicherheitsrat da ständige Mitglieder ständig und ständisch mitzureden haben, sogar mit Vetorecht, die da machtanalytisch definitiv überrepräsentiert seien (implizit: Frankreich und England). Von daher solle die OSZE durch eine OSZEA ersetzt werden, in deren Leitungsgremium die USA, Indien, Russland, China, Japan und die Europäische Union (nicht als Einzelstaaten) sitzen sollten. Die USA seien die einzig verbliebene Supermacht, aber längerfristig könnten sie allein für imperialistische Stabilität nicht sorgen. Daher seien mit den anderen Global Players derartig kooperative Strukturen anzustreben. Denn deren Interesse müsse auch die Erkenntnis sein: Ohne die USA, beziehungsweise bei deren partiellen Rückzug würde das gesamte Weltsystem instabil. Somit sei die Vorherrschaft der USA modifiziert durch Beteiligung der wichtigsten Global Player im allgemeinen Interesse und diese realpolitische Nützlichkeitserwägung potentieller Anreiz für alle wichtigen Mächte sich dieser Vision anzuschließen. Eingestanden wurde freilich, dass der Weg zu einer solchen Sicherheitsarchitektur von vielen Unwägbarkeiten gepflastert sei.

Konkretisierung von TESS und OSZEA anhand aktueller und bedeutender Entwicklungen im Far East (Korea) und im Near West (Europa)

Brzezinski focusierte und konkretisierte seine Überlegungen zu TESS und OSZEA anhand aktueller Entwicklungen an den beiden Endpolen Eurasiens, zu denen er vor allem die Annäherung zwischen Nord- und Südkorea , wie auch die anstehende EU-Reform – und erweiterung zählte. Diese hätten sowohl für Eurasien, aber umgekehrt auch für die USA weitreichende Bedeutung.

Korea und Asien

Aufhören ließ Brzezinskis Bemerkung, wonach eine Wiedervereinigung Koreas im Bereich des Möglichen sei. Hierbei stelle sich die Frage, ob danach eine amerikanische Truppenpräsenz weiterhin möglich sei. Die Ansicht von Z´Big: „NO!“. Wenn die Koreaner eine US-Präsenz nicht mehr wollten, würden die USA gehen- wie vor dem Koreakrieg.

Dies habe aber Implikationen auf Japan, China und Taiwan. Japan und Taiwan würden sich durch einen eventuellen Rückzug der USA aus einem wiedervereinigtem Korea von Seiten der VR China bedroht sehen. Um also hier nationalen Alleingängen und desperaten Aktionen zuvorzukommen, sei eine weitere Vertiefung der amerikanisch-japanischen Sicherheitsallianz von Nöten, wie auch eine gewisse Garantie für Taiwan, wobei jedoch sichergestellt werden müsste, dass sich hierdurch die VR China nicht herausgefordert fühle. Zudem gäbe es in der VR China ein zunehmendes „Gap“ zwischen der politischen und der ökonomischen Entwicklung, welches zumal auch durch den Übergang zur nächsten Generation junger chinesischer Führungskräfte für weitere Instabilität sorgen könne. Hier gelte es sorgsam die Akzente zu setzen.

Insgesamt verschiebe sich die Ordnungsfunktion der USA angesichts der potentiellen Risiken vom Westen zum Osten. Aufgabe der USA sei es daher in dieser instabilen Region für Ordnung zu sorgen, wie auch ein Hinwirken auf die Herausbildung eines kooperativen Sicherheitssystems, welches dann in TESS und OSZEA aufgehen würde.

Die amerikanische Außenpolitik werde nicht vom Ergebnis der US- Wahlen beeinflusst. Die USA und ihre Außenpolitik seien kein Motorboot, das flink seine Richtung wechseln, sondern ein Schlachtschiff, das höchstens um 1- 2 Grad navigieren könne. Eine Frage der Akzentuierung, nicht aber der prinzipiellen Ausrichtung. Eine Vertiefung der amerikanisch-japanischen Beziehungen sei ebenso Konsens, wie auch Bush jr. nur offener ausspreche , was auch in der Clinton-Administration gedacht werde: China nicht als strategic partner, sondern mehr als strategic competitor. Doch sei dies nicht absolut und statisch-fixiert zu verstehen, sondern flexibel nuancierbar. An dem prinzipiellen Ordnungsanspruch der USA in Asien, ja Eurasien würde nicht gerüttelt. Auch die Präsenz der USA in Europa stehe nicht zur Disposition, eher ihre Intensität und ihr Umfang. Daher müssten die Europäer auch ihren Anteil beitragen.

EU- Reform und Erweiterung

Den Europäern, die in OSZE, EU und NATO eingebunden sind, fiele bei der Entlastung der USA und einer transeurasischen Sicherheitsarchitektur eine wichtige Rolle zu. Wichtig sei es, dass sich die Europäer politisch vereinigen, erweitern und wiederbewaffnen werden. Brzezinski brachte dies implizit auf die Formel: UNITE AND REARM!!!

EUROPE UNITE!! Näheres zur europäisch politischen Einigung angesichts der immer noch existierenden nationalstaatlichen Bedenken westeuropäischer Staaten vor Souveränitätsverlusten, führte Z´Big nicht aus. Ja, er ging hier eher den anstehenden Terminkalender Europas durch. EU-Gipfel in Nizza im Dezember 2000, wobei er skeptisch war, ob hierbei schon ein Fortschritt zu erzielen sei. Wahlen in Frankreich, England und dann abschließend in Deutschland 2002. Hier bestünde die Gefahr, dass in Ländern in denen es kein Referendum bezüglich Europas gibt, die Bevölkerung die Wahlen zu einem Referendum zu Europa machen würde. Bestenfalls 2004 sei dann eine Ratifizierung eventueller Beschlüsse eines EU-Gipfels nach Nizza durch die jeweiligen europäischen Parlamente zu erwarten. Dies war zum einen ein Appell an die EU auf eine möglichst schnelle Zustimmung von unten angesichts eines knappen und dringenden Zeitplans zu drücken, aber auch umgekehrt klang dies nicht sonderlich optimistisch und verlagerte Brzenzinski den Augenmerk auf konkretere Forderungen daher amerikanischerseits institutionell. Die EU müsse sich nach Osteuropa erweitern und bei diesem Prozeß sowohl die USA, wie auch die osteuropäischen Staaten an der Diskussion beteiligen. Hier sprach ein polnisch-stämmiger Interessensvertreter des US-Imperialismus.

Darüberhinaus gehöre auch Russland und die Türkei zu Europa, wie auch die baltischen Staaten. Russland solle zumindestens der EU assoziiert werden, da eine ökonomische Stabilisierung in beiderseitigem Interesse sei und auch essentiell zur Konstruktion einer OSZEA. Denn Russland sehe die Gefahr, die ihm aus seinen südlichen Gebieten, aber auch möglicherweise längerfristig von Seiten der VR China drohen könnten. Ein Kernrußland, das nicht expansionistisch und abenteulerisch agiert, das bis zuVladivostok aber als geopolitischer Einheit erhalten bleibt sei wichtig. Umgekehrt sei es ebenso von Bedeutung die Türkei als Ordnungsmacht zu stützen, wie auch die baltischen Staaten zu verteidigen, die nicht NATO-Mitglieder sind. Hier appellierte Z´Big an das deutsche Hauptstadtgewissen.

Die USA hätten auch Westberlin im Kalten Krieg verteidigt. Auf die Frage, ob Westberlin „defenseable“ sei, wäre die damalige Antwort der USA gewesen: „It is not defenseable, but we are defending it!“. Analoges habe für das Baltikum zu gelten, um Russlands Außenpolitik im wesentlichen kooperativ zu gestalten , wie auch im wesentlichen auf Erhaltung der innenpolitischen Stabilität zu begrenzen, damit der geopolitische Legobaustein Kernrußland für ein Transeurasisches Sicherheitssystem intakt bleibe. Zur Begrenzung Russlands die NATO und Sicherheitsprojektion für das Baltikum, für die ökonomische Stabilisierung Russlands und der Türkei die EU. Als weitere wichtige Forderung wurde gestellt:

EUROPE REARM! Während hier eine EU-Armee von 60000 Mann aufgestellt werden solle, so würden die Rüstungsausgaben gesenkt, ja auch bei Forschung und Entwicklung. Und dies obwohl seit dem Golfkrieg sich ein rüstungstechnologisches „Gap“ zwischen den Europäern und den USA verbreitere. Die USA würden weiterhin in Europa präsent bleiben, aber zum Beispiel im Falle des Balkans dies lieber gerne den Europäern mehr selbst überlassen, um sich wichtigeren Gebieten zuzuwenden. Daher müsse eine Wiederbewaffnung Europas vorangetrieben werden und zwar schleunigst.

Kurz: EUROPE UNITE AND REARM!

Letzeren Punkt treibt Trump nun voran mit seiner Forderung an die NATO-Staaten ihr 2%-Ziel einzuhalten, wenngleich er in einer starken vereinigten EU eher einen Gegner im Freihandel sieht. Gleichermaßen hat aber Trump auch keine Vorstellung von einer Weltordnung ala Brzezinski und wie man nun strategisch dahin käme mit Ausnahme eben dem Ziel, dass die USA die mächtigste Weltmacht sein sollten und irgenwie wieder werden sollten und er seine Gegner schon benannt hat, wenngleich noch keinen Schlachtplan oder eine mittelfristige Strategie zu haben scheint, sondern mehr situativ-spontan zu handeln scheint–zumal auch emotional seinen Resentiments folgend. Bisher scheint sich der Westen noch auf eine Beseitigung des IS einigen zu können, alle anderen Punkte werden danach eher zu Differenzen führen–sei es Iran, sei es Freihandel, Klimaschutz, China, Nordkorea, Syrien, Rußland, Entwicklungshilfe.etc.  Aber wenn man sich die hochtrabenden Strategien Brzezinskis damals im Vergleich mit der heutigen Realität betrachtet, so fragt sich ob derart gigamonumentale Weltordnungsentwürfe und langfristige Strategien überhaupt Sinn machen, zumal die meisten Entwicklungen sich dann anders abspielten als der vermeintliche Großmeister beabsichtigte mit zumeist desaströsen Resultaten für die betroffenen Staaten, Menschen und Völker. Der Größte Stratege aller Zeiten (GröStraz) Brzezinski ist da so das andere Extrem zum mehr situativen Trump.Fragt sich was und wer da besser ist und vor allem für wen? Und auch inwieweit solche gigamanischen Weltenplaner und New World Order(NWO) -Protagonisten eben nicht erst die Trumps, Putins, Erdogans und diesen Backlash und die nationalistischen und islamistischen Regressionen selbst mitausgelöst haben!

Sei es, dass Brzezinski unter Carter den Schah nicht mehr unterstützte und Khomeini den Weg ebnete, sei es dadurch, dass Brezinski Muslimbrüder und so alle Islamisten gegen arabische links-säkulare Despoten und die Sowjetunion in Afghanistan unterstützte, auch der Al Kaida unter Osama Bin Ladenund damit die Grundlage für die Ausbreitung des islamistischen Fundamentalismus legte und katalysierte.. Sei es, dass Brzezinski unter Carter die diplomatischen Beziehungen mit Deng-Xiaoping- China herstellte und China als zweite Front zur NATO gegen die Sowjetunion hochrüstete, was Chinas Aufstieg zum Hauptkonkurrenten um die Weltmacht in der Folgezeit erst ermöglichte.Die Sowjetunion und dann Rußland blieb Brzezinskis natürlicher Hauptfeind.

Zbigniew Brzezinski, hochranger US-Präsidentenberater a.D. gab mit seinem Buch »Amerika- die einzige Weltmacht- Amerikas Strategie der Vorherrschaft« ein sehr ungeschminktes Bild von Überlegungen der US-Elite bezüglich der damaligen Zukunft von sich. Der deutsche Ex-Außenminister Genscher befand diese strategischen Überlegungen für ein Vorwort wert, wie auch der Bundeskanzler und Ostfrontkämpfer a.D. Helmut Schmidt löblich dem deutschen Volke empfahl : »Man muß dieses Buch zur Kenntnis nehmen, und man muß es ernst nehmen.« Durchaus. Grundüberlegung war:

»Eurasien ist somit das Schachbrett auf dem sich auch in Zukunft der Kampf um die globaler Vorherrschaft abspielen wird.«

Eurasien= Europa- Russland- Asien und der »eurasische Balkan«: Kaukasus und Zentralasien.

Vor allem letzteres sei ein Machtvakkum und die Russen ohnehin ein Störfaktor.Klar gefordert wird, dass die Russen sich auf eine Art Reststück als Staatsgebiet zurückziehen und der NATO den Restkuchen überlassen sollen:

»Nichts destoweniger werden die Russen schließlich begreifen müssen, dass Russlands nationale Selbstfindung kein Akt der Kapitulation, sondern der Befreiung ist.«.

Zum Zwecke dieser Selbstbefreiung sollten sie gleich mal die Ukraine, Aserbeidschan, Georgien und Arnmenien abschreiben, bzw. diese aufzugebenden Ansprüche gleichsam der NATO zu überlassen- freilich selbstfreiwillig. Falls die Russen das nicht so sehen, nicht ihres Glückes Schmied werden wollen, müssen sie eben dazu beglückt werden, ja von sich selbst quasi befreit werden. Soll heißen: Nix Kapitulation, sondern: » Befreiung« von imperialem Balast.

» Trotz seiner Proteste wird sich Russland wahrscheinlich abfinden, dass die NATO-Erweiterung 1999 mehrere mitteleuropäische Länder einschließt (…) Im Gegensatz dazu wird es Russland unvergleichlich schwerer fallen, sich mit einem NATO-Beitritt der Ukraine abzufinden (…) Eine Anbindung oder irgendeine Form von Mitgliedschaft von Russland in den europäischen und den transatlantischen Strukturen würde denn wiederum den drei kaukasischen Ländern- Georgien, Armenien und Aserbeidschan-, die eine Bindung an Europa verzweifelt herbeiwünschen die Türen zu einem Beitritt öffnen(…) Tatsächlich besteht das Dilemma für Russland nicht mehr darin, eine geopolitische Wahl zu treffen, denn im Grunde geht es ums Überleben (…) Im Kampf um dieVormacht in Europa winkte der traditionelle Balkan als geopolitische Beute. Geopolitisch interessant ist auch der eurasische Balkan, den die künftigen Transportwege, die zwischen den reichsten und produktivesten westlichen und östlichen Randzonen Eurasiens bessere Verbindungen herstellen sollen, durchziehen werden. Außerdem kommt ihnen sicherheitspolitische Bedeutung zu, weil mindestens drei seiner mächtigsten und unmittelbarsten Nacvhbarn von altersher Absichten darauf hegen, und auch China ein immer größeres Interesse an der Region zuerkennen gibt. Viel wichtiger aber ist der eurasische Balkan, weil er sich zu einem ökonomischen Filetstück entwickeln könnte, konzentrieren sich in dieser Region doch ungeheuere Erdgas- und Erdölvorkommen, von wichtigen Mineralien (…) ganz zu schweigen. Der weltweite Energiebedarf wird sich in den nächsten zwei oder drei Jahrzehnten enorm erhöhen. Schätzungen des US-Departments of energy zufolge steigt die globale Nachfrage zwischen 1993 und 2015 um vorraussichtlich mehr als 50% , und dabei dürfte der Ferne Osten die bedeutendste Zunahme verzeichnen. Schon jetzt ruft der wirtschaftliche Aufschwung in Asien einen massiven Ansturm auf die Erforschung und Ausbeutung neuer Energievorkommen hervor, und es ist bekannt, dass die zentralasiatische region und das Kaspische Becken über Erdgas- und Erdölvorräte verfügen, die jene Kuweits, des Golf von Mexikos oder jene der Nordsee in den Schatten stellen.«

Bzrezinski schrieb dann noch weitere Bücher.Brzezinski will oder wollte keinen Handels- oder gar Krieg mit China. Zuletzt schwebte ihm eine sinoamerikanische G2 vor, ein Chimerica , das im Verbund die Welt im 21.Jahrhundert kontrollieren sollte. Ebenso war er ein Gegner des Irakkriegs und zudem für einen Irandeal, nicht nur auf Atomwaffen begrenzt, sondern die Aussöhnung mit Iran und Nutzung diesen innerhalb des Greater Middle East. Auch aus diesen hochtrabenden Plänen wurde nichts, was viele Verschwörungstheoretiker, die Brzezinski , Thomas Barnett, Thomas Friedmann und Kissinger als Köpfe einer geheimen Weltregierung , die alles Weltengeschehen in einem Masterplan entworfen hätten und kontrollieren würden, nicht anficht.

Der Backlash erfolgte unter Putin, der sich den von Brzezinski dargelegten EU- und NATOexpansionen , die von der US-Elite realisiert werden sollten, in der Ukraine entgegenstellte, da „im Gegensatz dazu  es Russland unvergleichlich schwerer fallen würde, sich mit einem NATO-Beitritt der Ukraine abzufinden“, weswegen wir uns jetzt in einem neuen Kalten Krieg befinden und umgekehrt Trump dafür kritisiert wird, dass er zuviele Rußlandverbindungen unterhält und möglicherweise einen Deal mit Rußland zuungunsten der EU abschliessen könnte, weswegen die Teile der US- Elite bei US-Demokraten und US-Republikanern(vor allem John Mc Cain, der Putin über eine Eskalation der Ukrainekrise und Konfrontation stürzen möchte), die einen stramm antirussischen Kurs befürworten, Trump nun zu einer Änderung seiner Linie und klaren Positionierung bewegen wollen oder aber ein Impeachmentverfahren anvisieren. Dabei ist Trump der US-Backlash von eben jenen NWO-Protagonisten wie Brzezinski. Pest oder Cholera.


Lieber Herr Ostner,

zwischen Trump und Brzezinski liegt mehr als nur der Altersunterschied von einer Halbgeneration – sie stehen für zwei unterschiedliche Epochen.

Brzezinski verkörpert als polnischer Emigrant und Exilpolitiker ein europäisch geprägtes strategisches Denken, das Erfahrungen des 20. und 21. Jahrhunderts reflektiert. Diese Epoche ist 1989/91 zu Ende gegangen. Brzezinski hat sie maßgeblich mit zu Grabe getragen: Solidarnosc, der polnische Papst, die Unterstützung der afghanischen Mudjahedins – das sind wesentliche Faktoren, die zur Auflösung des Sowjet-Imperiums beigetragen haben. Das also ist Geschichte.

Trump steht nun für einen neuen massendemokratischen Politiker-Typ des 21, Jahrhunderts, den wir auch aus anderen Ländern kennen. Er gehört in die gleiche Kategorie wie Berlusconi, bis zu einem gewissen Grad auch Sarkozy etc.

Viele Grüße

Ihr

Hans-Ulrich Seidt
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Lieber Dr. Seidt,

grundsätzlich wollte ich aber zweierlei in meinem Artikel klarmachen: Den Unterschied zwischen strategisch und situatioven Politikern, zum anderen inwieweit Weltordnungsstrategien ala Brzezinskli nicht erst als Backlash die nationalistischen und islamistischen Regressionen ala Trump, Putin, Islamismus,etc. hervorgebracht haben als Reaktion und inwieweit die vielgeforderten Strategien, die von allen gefordert werden nicht selbst der Humus sind, dass ganze Bevölkerungen sich gegen das NWO-Establishment erheben und autoritäre situative Populisten mit emotionalen ad hoc-Entscheidungen zu ihren neuen Führern machen.

Die Quintessenz ist: Brzezinski ist der Idealtypus des geopolitischen Strategen, der eine Neue Weltordnung anvisierte, auch nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und da immer noch mit tonangebend war–Chessboard.

Trump kennt keine Strategien, ist situativ, sponatan und von seinen Resentiments gelenkt. Der sonstige Westen, inklusiver der US-Elite hofft noch ihn irgendwie beraten zu können mit Startegien und Konzepten, ihn einzuhegen und in eine gewisse Richtung ala Brzezinski zu bringen und in eine slche Strategie zu lenken

Meine eigentliche Quintessenz des Artikels, die Sie scheinbar gar nicht verstanden haben: Trump–ohne Plan ist Mist, Brezinski und alle großen Pläne sind ebenso Mist. Der Backlash ist erstmals durch die zu grossen kosmopolitischen Strategien und Weltordnungspläne zu erklären, die auf die Bevlkerungen keine Rücksicht nehmen und nun den nationalistischen Minimalismus hervorbringen. Von daher auch vorsichtig, wenn es jetzt wieder heußt: „Europa-weiter geht nicht so, wir brauchen mehr Europa“–das ist so wie Merkels „Wir schaffen das“ohne zu sagen was und wie. Immerhin hat Juncker mal pädagogisch 5 Optionen zur Verfügung gestellt und will sich erst mal ein Meinungsbild erstellen unter den europäischen Staaten. Ein gangbarerer Weg anstatt gleich wieder neue EU- und Weltordnungsprojekte anzuvisieren, deren innere Basis immer weiter unterhöhlt wird.

Mit besten Grüssen

Ralf Ostner

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