Hongkong und der Rechtsstaatsdialog

Hongkong und der Rechtsstaatsdialog

Gestern kamen auf 3 Sat und Tagesschau 24 zwei recht ausführliche Sendungen über Hongkong. Der erste beschäftigte sich mit der Entwicklung der Oppositionsbewegung und der Rolle der Künstler, die wesentlich die Aktions- und die Kommunikationsformen prägen. Das geht von der Propaganda in den sozialen Medien bis hin zur neuen Hymne der Bewegung Glory for Hongkong/Ruhm für Hongkong bis zu dem Bruce Lee-Slogan:Sei ohne Form,sei wie der Schatten und das Wasser, der die Strategie der Bewegung prägt und den man als Lehre aus der 2014 gescheiterten Regenschirmbewegung und der Verhaftung deren Führer gezogen hätte- d.h eine Bewegung ohne sichtbare Führung, zumal mehr dezentral, flexibel und mehr mit Flashmobs organisiert

Im zweiten Beitrag erklärte Dr.Mareike Ohlberger vom Mercator-Insitut, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Hongkonger Unruhen auf Festlandchina überspringen würden. Umgekehrt stellte sie aber auch fast, dass die KP China zuerst versucht habe, eine Art Nachrichtensperre zu verhängen, die Grenze zu Hongkong aber so porös und durchlässig sei, dass sich die Informationen über die Unruhen auch nach China ausbreiteten. Daher habe sie die Flucht nach vorne angetreten und mittels Informationsdominaz ihren eignenen Narrativ verbreitet, dass Gewalttäter und Terroristen, die vom Ausland gesteuert seien das postkoloniale und zur Weltmacht aufstrebende China destablisieren wollten.

Dr. Ohlberger vertrat die Ansicht, dass die KP China ihr Eingreifen von der Bewertung abhängig mache inwieweit sie Hongkong als Finanzplatz und Wirtschaftsmetropole noch braucht, zumal die wirtschaftliche Rolle Hongkongs in den letzten Jahrzehnten aufgrund des starken Wirtschaftswachstums in Festlandchina und dem Versuch Shanghai als Alternative aufzubauen abgenommen habe. Sollten Banken und Firmen abwandern (etwa nach Singapur, das sich schon als Nachfolger Hongkongs als asiatischem Finanzplatz sieht) , dann könnten sie Hongkong und dessen Sonderstatus für verloren betrachten und gewaltsam eingreifen.

Normalerweise sei es die Vorgehensweise der KP China abzuwarten und wenn sich die Sache etwas beruhige und es keiner erwarte zuzuschlagen. Zu erwarten sei, dass Carrie Lam durch einen Hardliner asugetauscht werde, der dann mit aller Brutalität die Bewegung niederschlagen soll und falls auch das nicht möglich wäre, würde dieser einen offiziellen Hilferuf an Peking senden, Ruhe und Ordnung in Hongkong auch militärisch wiederherzustellen. Sie äußerte sich pessimistisch.

Eine Frage wird sein,wie sich dies in letzterem Falle auf Taiwan auswirken würde. Wird die DDP eingeschüchtert und die KMT mit ihrem Versöhnungskurs gegenüber China in den nächsten Präsidentschaftswahlen wiedergewählt oder reagieren die Taiwanchinesen erst recht mit Trotz und eher dem Gegenteil? Und kann die KMT bei ihrem jetzigen Versöhnungskurs mit der KP China bleiben, zumal das Hongkonger Modell 1 Land, 2 Systeme ja dann am Ende wäre und die DDP-Präsidentin Tsai Yingwen selbst dieses ablehnt? Und vor allem:Wie reagieren die Trump-USA? Bahnt sich dann nach der Hongkongkrise eine neue Taiwankrise an?

Es stellen sich auch andere Fragen für die chinesische Oppositionsbewegung. Der US-amerikanische Chinaexperte David Shaumbaugh hat den Vorschlag gemacht,dass man darauf hinwirken sollte. die KP China in Richtung chinesisches Singapur zu reformieren. Eine dominante Partei wie die People Action Party, schwache aber geduldete Oppositionsparteien ,also eine Art autoritär gelenkte Demokratie und Rule of Law. Er hat wohl darauf spekuliert,dass es innerhalb der KP China eine Reformfraktion geben könnte, die vielleicht sogar mit der chinesischen Opposition koalieren und zu einer Art historischen Kompromiss kommen könnte. Um der ökonomischen Mittelstandsfalle zu entgegehen und das Land ökonomisch weiter zu entwickeln, sei dies quasi eine Notwendigkeit und könne die KP China in diese Richtung gelenkt werden.

Die KP China und Xi haben aber mal der Vorstellung eines Rule of Laws eine Absage erteilt, da dies ja die Unabhängigkeit der Gerichte voraussetzt und als Einfallstor für weitergehende Reformen dienen könnte, wenn die KP China den Teil der absoluten Kontrolle in der Justiz aufgeben würde- ob nun nach Vorbild Singapurs oder Hongkongs nach dem bisherigen Modell. Die deutsche Regierung,vor allem die Schröder/Fischer-Regierung setzte ja auch grosse Hoffnungen in den Rechtsstaatsdialog, der erhoffte durch Reformen Chinas in Richting Rule of Law das politische System reformieren zu können. Möglicherweise wäre eine Niederschlagung in Hongkong auch das Ende der Hoffnungen auf diesen Rechtsstaatsdialog . Zudem scheint Xi-China nachdem es die Schwächung durch die Kulturrevoultion und die wirtschaftliche Schwäche überwunden hat und nun selbst Weltwirtschaftsmacht ist, sich politisch wieder in die entgegengesetzte Richtung und neuen digitalen Totalitarismus zu gehen und diktatorischer zu werden und die Hoffnungen auf die Reformfähigkeit der KP China zum Platzen zu bringen und ad absurdum zu führen.

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