Jay Los Po, Goethe und Parallelgesellschaften

Jay Los Po, Goethe und Parallelgesellschaften

Ich habe gestern mal durchs Fernsehprogramm gezappt. Soweit es politisch ist, erfährt man neben ein paar geopolitischen Randnotizen vor allem solche weltpolitischen Neuigkeiten und Breaking News, dass Trump mal wieder lügt und rumpöbelt und die neuesten Coronazahlenparameter wie bei der Wetterkarte. Ansonsten stundenlang: Die Tochter von Kate Moss Leila Grace modelt jetzt auch, Joe Gerners Filmpartnerin (GZSZ) zieht sich jetzt für den Playboy aus, eine Influencerin verdient Millionen mit Push-up-BH-Werbung, eine Frau will die zweite Lolly Ferrari werden und rüstet mit Butox und Silicon auf und platzt aus allen Nähten, Tausend und eine Nacht im arabischen Luxushotel Burj Khalifa und Saudiarabien will jetzt noch höher bauen, Russenoligarch Abramowitsch will seine 100 Millionen-Dollaryacht verkaufen, das Gerücht geht um, dass Florian Silbereisen sein Helene-Fischer-Tatoo entfernen lassen will, die Geissens reisen nach Dubai, Gartenbau- und Basteltips für das schönere Haus, der sächsische Grottenolm Fitschi wird mit 93 noch Vater, Tom Cruise spielt jetzt wieder die Hauptrolle in dem 11. Mission Impossible-Blockbuster, ist Jay Los Po zu dick?, die schnuckeligen Royalkinder befragen süßerweise David Attenborough, welche Tiere er am liebsten mag und vieles mehr. Glückliche Welt oder wie Goethe mal so treffend meinte: Was kümmert es mich, wenn fremde Völker in der Ferne sich die Köpfe einschlagen. Nichts, nur vor der Haustür dürfen sie nicht stehen und die Wetterextreme des Klimawandels das Hausdach nicht abdecken. Ansonsten ist die Welt in Ordnung.Ein globales Dorf, aber getrennt in Dutzende von Parallel- und Celebrity-Gesellschaften. Dann kam auch noch ganz kurz die Nachricht, dass die Superreichen in Deutschland in der Coronakrise noch reicher geworden sind und 2000 deutsche Milliardäre 2 Billionen Euro Vermögen haben. Nicht oder nur am Rande berichtet, dass sehr viele ärmer werden und wie das zusammenhängt. Aber in der nicht nur medialen Welt der Klassengesellschaft sind ja auch das gefeierte Celebrities und Leistungsträger: Parallelwelten der Superlative.Und für die drop-outs gibt es neben genannten Programmen die reality soap Hartz, aber herzlich und Berlin bei Tag und Nacht, da sie nicht so einkaufen und konsumieren können wie die Celebrities oder die „Shopping Queen“, die sie auch immer sehen in ihrer scheinbar sozial durchlässigen und egalitären medialen Nachbarschaft. Man kann in einem Moment im Luxusappartment im Burj Khalifa wohnen oder auf einem Love Paradise Island und im nächsten in einer Arbeitslosen-Wohngemeinschaft und dazwischen switchen. No Gated Community! Beliebt ist auch der Rollentausch, einmal eine Woche als Arbeitslosenhilfeempfänger mit einem Reichen zu wechseln oder aber als Undercover-Boss 3 Tage mal Arbeiter zu sein im Fernsehen. Oder wie es in der Toyotawerbung heißt: Alles ist möglich!

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