Interview mit General a.D. Domroese: „Amerika und Europa zusammen sind wirtschaftlich enorm stark“: TTIP 2.0 , TTIP-RCEP-Abkommen und„NATO 360°“

Interview mit General a.D. Domroese: „Amerika und Europa zusammen sind wirtschaftlich enorm stark“: TTIP 2.0 , TTIP-RCEP-Abkommen und„NATO 360°“

Global Review hatte die Ehre, ein Interview mit dem NATO-General (im Ruhestand) Hans-Lothar Domroese zu führen, der uns Einblicke in die NATO, die Beziehungen zu Russland und die Perspektiven der transatlantischen Vertragsorganisation in der Biden–Ära gab. Domroese, geboren 1952, Sohn des Bundeswehrgenerals Lothar Domroese, verheiratet, zwei Söhne, arbeitete seit 1995 im NATO-Hauptquartier, seit 2009 war er Kommandeur des Eurokorps in Straßburg und seit 2012 Kommandeur des Alliierten Joint Force Command Brunssum. Er ging 2016 in den Ruhestand. Nach seiner Pensionierung ist er Berater. Die in diesem Interview geäußerten Ansichten sind seine eigenen und nicht die einer Organisation, Institution oder Regierung.

Global Review: General Domroese, mit dem Wahlsieg Bidens scheint die Hoffnung zu bestehen, dass die alten transatlantischen Beziehungen wieder zurückkehren. Gleichzeitig verweisen Kommentatoren aber, dass dies nicht in der alten Form geschehen wird. Zum einen, da sich die weltpolitische Lage und der Schwerpunkt der USA von Europa zum Asian Pivot und der Auseinandersetzung mit China verlagere. Zum zweiten, da auch unter Biden Interessenkonflikte zwischen Europa und den USA weiterbestehen würden, wenngleich nun diplomatischer und freundlicher artikuliert und ausgetragen.Konkret scheint dies zu bedeuten, dass auch Biden am 2% der NATO, Northstream2, einer eindeutigeren Positionierung Europas gegen China, sowie an dem Abbau von Handelsüberschüssen bestehen wird, zumal er auch unter Beobachtung seitens der Republikaner und Trumpisten stehen wird. Inwieweit glauben Sie, dass es zu einem neuen transatlantischen Konsens kommen kann und wie könnte ein solcher Kompromiss aussehen, der nicht nur Demokraten, sondern auch die Republikaner befriedigt und den transatlantischen Beziehungen einen stabileren Mindestkonsens gibt, egal wer gewählt wird?

General a.D. Domroese: Wir stehen inmitten globaler Machtverschiebungen – insofern wird es kein zurück zu „alten Zeiten“ geben. Heute und morgen geht es vor allem um den Wettstreit zwischen China und den USA. Russland und Europa sehe ich diesbezüglich eher als Beobachter und dennoch werden wir (Deutschland und die EU) uns entscheiden müssen, wie wir uns positionieren. Alles hängt mit allem zusammen; auch das transatlantische Verhältnis.

Also, zwischen China und den Vereinigten Staaten beobachten wir einen „Wettbewerb der Syteme“: Demokratie mit Rechtstaatlichkeit, Presse-und Versammlungsfreiheit und dem Schutz der Menschenrechte etc. auf der einen Seite und eine kommunistische Diktatur ohne umfassende Freiheitsrechte oder Gerechtigkeit auf der anderen. Hongkong und Taiwan stehen exemplarisch für diesen „Kampf der Kulturen“.

Das gerade unterschriebene weltgrößte Freihandelsabkommen in Südostasien (RCEP) zeigt, dass es nicht nur „schwarz“ oder „weiß“ gibt. Sicher hat der scheidende US-Präsident mit seiner Agenda diesen Pakt erst ermöglicht. Man nennt das: „unintended effect“! Dieser beeindruckende Handelsvertrag umfasst 15 Asien-Pazifik-Nationen mit rund einem Drittel der Weltbevölkerung. Wollen wir auch vom „freien“ Welthandel profitieren, so müssen wir das TTIP-Programm mit Kreativität und Innovation beleben und zum Abschluss bringen. Amerika und Europa zusammen sind wirtschaftlich enorm stark. Zusammen sind wir führend. Darauf aufbauend könnte man über ein TTIP-RCEP-Abkommen nachdenken.

Aber letztendlich müssen wir Europäer und auch Deutschland uns vor allem politisch entscheiden: wir können China zukünftig nicht nur als „Marktplatz“ sehen, wo wir große Gewinne erzielen, aber keine echte win-win-Situation für die Menschen entsteht. Ist es sicherer oder besser geworden? Gibt es „freien Handel“? Wie sieht es mit der Reziprozität im Wirtschaftlichen aus? Wie mit den Menschenrechten? Wie mit Gerechtigkeit?

Für mich ist klar: wir brauchen den „wind of change“ aus Amerika, der von uns Europäern aufgenommen und beantwortet wird. Und wir sollten einen gemeinsamen, koordinierten Ansatz für den Umgang mit China entsprechend unserer Prinzipien und  Interessen entwickeln, die nicht überall die gleichen sind. Das ist gut für uns bzw. unseren eigenen Anspruch, das transatlantische Verhältnis, die NATO und beide „politischen Lager“ in den USA. Und letztlich ist es gut für die Menschen in China.

Global Review: Deutschland hat ja inzwischen seinen Verteidigungsetat graduell und recht stillschweigend erhöht, Ist das 2%- Ziel der NATO überhaupt sinnvoll und wie wird es begründet? Sollte man es infrage stellen und neuverhandeln? Oder daran festhalten? Konkret würde es ja bedeuten, dass Deutschland seinen jährlichen Verteidigungshaushalt um 38 Milliarden Euro aufstockt? Woher soll das Geld kommen? Kürzung in anderen Bereichen wie Gesundheitssystem, Sozialstaat, etc. oder Neuverschuldung? Zumal in Coronazeiten? Ist das der Bevölkerung zu vermitteln?

General a.D. Domroese: Pacta sunt servanda – ich empfehle, die politische Selbstbindung der Bundesregierung nun endlich einzuhalten und damit „den Deckel drauf zu machen“.

Warum? Es geht doch in erster Linie um unsere eigenen militärischen Fähigkeiten, um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. In den letzten drei Jahrzehnten sind sie um rund ein Drittel abgebaut worden. Die Armee ist veraltet; das Gerät rostet. Die Ziele der Verteidigungsministerin sind richtigerweise hoch und bis 2031gestreckt. Mit Zwischenzielen in 2027 und 2023. Schon jetzt ist aber erkennbar, dass wir das gesteckte Ziel nicht schaffen werden. FCAS, MGCS, MKS 180 etc. sind wichtige Ausrüstungsvorhaben für das kommende Jahrzehnt, die enorme Summen verschlingen.  Schwerer Transport Hubschrauber (STH) oder Raketenabwehrsystem TLVS kommen noch dazu– zusammen weitere 20 MRD EUR, die noch nicht umfassend im Haushalt berücksichtigt sind. Kurz: Nur wenn DEU seinen Verpflichtungen nachkommt, entsteht Vertrauen und Verlässlichkeit. HÜ sagen und HOTT machen geht nicht. Das schadet DEU, der NATO, der Glaubwürdigkeit von Abschreckung und damit unserer Sicherheit. Worte und Taten müssen übereinstimmen.

Zugegeben, die Politik muss unsere Bevölkerung überzeugen, mehr in die eigene Sicherheit zu investieren. Und das geht, wie ich selbst aus zahlreichen Vorträgen weiß. Hubschrauber, die nicht fliegen – Schiffe, die ohne Pause im Einsatz sind – Heeressoldaten ohne anständiges Gewehr – und so weiter. Das kann man keinem vernünftigen Menschen erklären. Hinzu kommt eine Struktur, die weder Aufträge von Bündnis-und Landesverteidigung noch Internationale Kriseneinsätze „aus dem Stand“ professionell erfüllt.

Schließlich brauchen wir dringend eine (Rüstungs-)Beschaffungsorganisation (BeschO), die flexibel innovative und intelligente Einkäufe fördert. Das simple „Nachfolge-Denken“ ist obsolet: Muss einem alten Flugzeug, Schiff oder Panzer unbedingt ein Neues Modell folgen? Und dann rund 50 Jahre im Einsatz bleiben? Ich meine NEIN. Der jüngste Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien hat klar gezeigt: die armenischen Panzer wurden von einfachen UAVs („Drohnen“) blitzartig abgeschossen. Ohne Vernetzung bzw. Digitalisierung wird zukünftig jeder seine Kräfte „wie aus heiterem Himmel“ verlieren!

Es gibt gute Beispiele für einen Wandel: die COVID19-Pandemie bekämpfen wir sehr erfolgreich, weil Politik und Wissenschaft eng zusammenarbeitet mit (Pharma-) Industrie und Gesellschaft. Dieser transparente Diskurs nützt allen. Das fordere ich seit Jahren für unsere Bundeswehr: Politik, Wissenschaft, Industrie und Militär sollten eng und fair zusammenarbeiten.  So schaffen sie Transparenz, Vertrauen und das richtige Gerät zur richtigen Zeit. Zukünftig werden viele kleine Systeme wenigen großen gegenüberstehen. Die „Streitkräfte 2.0“ oder „Future Force“ (ab 2030 +) werden völlig anders aussehen als heute.

Unsere Soldaten haben es verdient – die Streitkräfte sind doch keine Trachtengruppe! 45 Mrd sind dafür zu viel – und zu wenig für eine leistungsstarke Bundeswehr. Prof Sören Neitzel beschreibt in seinem jüngsten Werk das ungelöste Spannungsverhältnis zwischen Gesellschaft und der deutschen Bundeswehr. Es wird Zeit, diese ambivalente Verhältnis neu zu ordnen und unverkrampft mit dem Militär umzugehen.

Ob das nun 2%, weniger oder mehr vom Bruttoinlandsprodukt ist, würde ich nach 8 Jahren quälender Wortmeldungen nun nicht mehr weiter diskutieren. Und derjenige, der die Kriterien nicht einhält, sollte erst recht nicht versuchen, sie zu ändern. Andere Länder, die viel kleiner und weniger wohlhabend sind, schaffen es ja auch. Wenn wir schon das angestrebte zeitliche Ziel „…bis 2024“( !) – nicht erreichen, dann sollten wir wenigstens mit einer neuen Bundesregierung neue Wege einschlagen. Spät – aber verlässlich. Ohne Wenn und Aber.

Global Review: Obama wollte gegen China zwei Freihandelsblöcke,, das transatlantische TTIP und das transpazifische TPP gründen.Unter Trump wurde das begraben, ein direkter Handelskrieg zwischen den USA und China begonnen. Ist unter Biden ein Revival von TTIP und TPP zu erwarten oder eine Mischform zwischen direktem sinoamerikanschen Handelskrieg und Freihandelszonen? Wäre man in Europa zu TTIP bereit, da es ja schon zuvor erheblichen Protest gab, zumal die größte Demonstration seit der Friedensbewegung von 250000 Menschen in Berlin. Konkreter Anlass war die Befürchtung, dass TTIP den Abbau von Arbeitsschutz, Verbraucherschutz, Umweltschutz, Qualitätsstandards, marginale Wachstums- und Beschäftigungseffekte sowie außerstaatliche Schiedsgerichte beinhaltete. Trump wurde ja auch für seine Gegnerschaft zum bisherigen multilateralen Freihandel gewählt und forderte stattdessen bilaterale Abkommen zu America Firstbedingungen und fair free trade? Ist es wahrscheinlich, dass Biden dieses Programm in der alten Form und zu denselben terms of trade wiederauflegen wird?

General a.D. Domroese: Das glaube ich nicht. President elect Biden hat ja gerade erst erklärt, dass er am ersten Tag nach Amtsübernahme der WTO wieder beitreten werden. Auch der Weltgesundheitsorganisation und dem Pariser Klimaprotokoll. Das zeigt: Joe Biden setzt auf Multilaterismus. Insofern könnte ich mir vorstellen, dass man „TTIP 2.0“ versuchen könnte. Es muss doch möglich sein, das die größten Wirtschaften und Demokratien sich einigen können. Der jüngste RCEP-Deal zwingt uns zum gemeinsamen Handeln.

Ein offensichtlich sehr komplexes Thema mit vielen Facetten. Alles wertvolle und wichtige Herausforderungen, die unsere Zukunft betreffen. Man muss neu reflektieren, innovativere Ansätze wählen und zu Kompromissen bereit sein, sonst wird das nichts. Bilaterale Verträge, quasi Rosinenpicken, sind keine Lösung. Teilbereiche können gleichwohl im bilateralen Einvernehmen gut gelöst werden, wie wir aus der NATO kennen. Das setzt allerdings voraus, dass es ein stabiles Fundament, wie den NATO-Vertrag, gibt. Dort können sie nun mal nicht alle Einzelfälle, wie z.B. Truppenstationierung mit Familien, Schulen, Kitas und Einkaufsmöglichkeiten regeln.Beide Verträge, TTIP und TPP, sind gewaltige wirtschaftliche Vorhaben mit politischen Implikationen. Natürlich hängen diese Verträge zusammen – fest verbinden i.S. eines Junktims, würde ich sie nicht. Das wäre zu viel auf einmal. Das hat noch nie geklappt. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass Präsident Biden den „Handelskrieg seines Vorgängers mit China“ eher „friedlich“ in einem TPP regeln möchte. Inwieweit sich auch der Kampf gegen den Klimawnadel und andere Themen damit verbinden lassen, muss man sehen. Klar ist: Das Thema Klimawandel bzw. CO2-Reduzierungen und Energiesicherheit muss man gemeinsam regeln.

Fast 50 Jahre (2022) nach Nixon’s Besuch in Peking sehe ich ein „window of opportunity“, die politischen Beziehungen jetzt auf eine neue Stufe (next level) zu heben. Präsident Biden sollten wir Europäer darin tatkräftig unterstützen. Das Freihandelsabkommen RCEP der 15 Asien-Pazifik-Staaten erlaubt diesen Optimismus und fordert kluge Antworten. Viele  mit Amerika befreundete Staaten sind bereits Mitglied im RCEP und werden ihre Erkenntnisse gerne mitteilen. An neuen Wegen sollten wir Europäer ein besonderes Interesse haben. Dies wäre ein großer Schritt gemeinsamen trans-atlantischen Handels und könnte obendrein die sino-amerikanische Kriegsgefahr eindämmen. Eine klassische win-win-situation! Jetzt ist die Zeit, zu handeln.

Global Review: In einem gemeinsamen Gastbeitrag in der FAZ schlugen der Vorsitzende der Atlantik-Brücke und frühere Vizekanzler Sigmar Gabriel und John B. Emerson. ehemaliger amerikanischer Botschafter in Deutschland und Vorsitzender des American Council on Germany neben der obligatorischen Betonung der Wertegemeinschaft folgende transatlantische Zukunftsagenda vor:

– Gemeinsame Entwicklung eines Wiederaufbauprogramms zur Bewältigung der Pandemiefolgen, insbesondere im Hinblick auf Schutzausrüstung, Impfstoffforschung und -herstellung

– Neuausrichtung des Multilateralismus und zweckgerichtete Reform multilateraler Institutionen wie den Vereinten Nationen, der Welthandelsorganisation und der Weltgesundheitsorganisation, insbesondere um eine Verschärfung der sozialen Ungleichheit zu verhindern

– Kampf gegen den Klimawandel durch Förderung der Entwicklung grüner Technologien. Bei unseren gemeinsamen Bemühungen zum Schutz des Weltklimas sollten wir auch Fragen der Energiesicherheit berücksichtigen. Statt uns über einzelne Pipeline-Projekte zu streiten, sollten wir eine gemeinsame Strategie für künftige energiepolitische Fragen entwickeln: durch den Ausbau der Energieinfrastruktur einschließlich neuer LNG-Terminals in Europa; durch gemeinsame Forschungs- und Innovationsprojekte zum Ersatz fossiler Brennstoffe wie Erdgas durch „grünen“ Wasserstoff; oder durch die gemeinsame Unterstützung der Drei-Meere-Initiative in Europa.

-wirtschaftlichen Gegengewichts zu China, ohne sich der Sprache eines „Kalten Krieges“ zu bedienen, sondern nach den Prinzipien des Wettbewerbs; Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft; Vereinbarung eines fairen Freihandelsabkommens mit dem afrikanischen Kontinent.

– Konzeption einer transatlantischen Infrastrukturinitiative mit Afrika und dem eurasischen Raum als demokratische, faire und transparente Alternative zu Chinas „neuer Seidenstraße“.

– Nutzung unserer Expertise und Innovationspotentials, um die beste digitale Technologien zu entwickeln und sicherzustellen, dass in der nächsten Phase der technologischen Evolution ein ethischer Rahmen eingehalten wird. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es keine geeignete westliche Alternative zu Huawei gibt.

–Erneuerung des nuklearen Nichtverbreitungsregimes.

–Stärkung der Nato als gemeinsames Verteidigungsbündnis ohne transatlantische und europäische Verteidigung gegeneinander auszuspielen. Wir sitzen im selben Boot.

Was halten Sie von dieser Agenda? Fehlt nicht auch Russland, Abrüstung, New Start, Rüstungskontrolle und der Islamismus thematisch? Oder was ist davon realistisch und was nicht und was fehlt?Wie beurteilem Sie diese vorgeschlagene Agenda?

General a.D. Domroese: Wir müssen unterscheiden zwischen dem trans-atlantischen Beziehungen einerseits und den anderen vielfältigen Verbindungen, sozusagen darüber hinaus, „nach außen“. Ich verstehe die Gabriel/Emerson-Initiative als einen konkreten Vorschlag, wie wir das aus dem Gleichgewicht geratene europäisch-amerikanische Verhältnis aktiv beleben können. Und das ist notwendig. Insofern finde ich die Initiative gut und zeitgerecht.Die Frage, wie wir mit Russland, Iran, Nordkorea, Rüstungskontrolle, Klimawandel, Afrika, China, Indien und dem Rest der Welt (das ist etwas unfair ausgedrückt)umgehen wollen, ist natürlich auch sehr, sehr wichtig. Hier empfehle ich aber zunächst eine nationale, dann eine europäische Strategie zu formulieren. Es geht um die Frage der sog. „Strategischen Souveränität“ Europas. Präsident Macron will das, im Zweifelsfall ohne Amerika. Die CDU-Vorsitzende will das so nicht. Für sie bleibt das Bündnis mit den USA unverzichtbar. Sie will aber auch, das die Europäer viel mehr für ihre eigene Sicherheit tun – in Partnerschaft mit den vereinigten Staaten.

 Der bevorstehende BREXIT beispielsweise, hat Auswirkungen auf Europa und die USA. „London als das Singapore on the Themse“, wie Premier Johnson es erhofft, sehe ich nicht kommen. Schon gar nicht bei einem „harten Austritt“ ohne Vertrag – es weiß doch jeder, dass Welthandel regelbasiert ist.

Gleiches gilt für die USA – Präsident Biden wird zunächst bestrebt sein, sein Land zu einigen, Gräben zu überwinden, die Pandemie einzudämmen und Amerikas Wirtschaft zu beleben. Dementsprechend wird er seine außenpolitischen Ziele formulieren. Erst danach kann man eigene Interessen verdeutlichen und gemeinsame Wege mit Alliierten und Partnern gehen oder/und in einen Wettbewerb mit ihnen treten. Als ehemaliger Befehlshaber weiß ich: wer keine Ziele hat, hat auch keine Treffer. Die neue US-Administration eröffnet neue Chancen – nutzen wir das Momentum.

Global Review: General Wittmann hat eine NATOreform vorgeschlagen, die bei der NATO die Konsultativ- und Resilienzfunktion aufwertet. General Kujat schlägt einen neuen Harmelbericht vor.Der urspürüngliche Harmelbericht war die Änderung der NATO-Strategie von der MAD zur flexible response und die Eröffnung eines Dialogs mit dem Ostblock. Würde dies die Änderung der NATO- Strategie von der flexible response zu einem neuen Abschreckungsstrategie und eine Neue Ostpolitik bedeuten oder wie ist dies zu verstehen?

Braucht die NATO nicht einen Paradigmenwechsel,eine neue Militärstrategie,die alle neuen disruptiven Waffensysteme integriert und flexibel  im Kriegsfall einsetzen kann? Ist das Zeitalter der linearen,eindimensionalen und bipolaren Eskalationsleitern eines Hermann Kahn endgültig vorbei und was sollte es ersetzen?.

General a.D. Domroese: Eine sehr gute Frage; klar ist, das Strategic Concept der NATO vom Lissaboner Gipfel im November 2010 spiegelt nicht mehr die Entwicklung in den vergangenen Jahren und die heutige Realität wider:

Die Annexion der Krim im Jahr 2014 durch Russland zeigt das exemplarisch. Der Einmarsch in Georgien und die Besetzung von Provinzen im Osten der Ukraine verstößt gegen die Helsinki-Schlussakte.  Die Unterstützung des Unrechtsregimes in Syrien verlängert das Leiden dort. Auch der Bruch des INF-Vertrages belastet die Beziehungen. Iskander-Raketen in Kaliningrad wie auch die landgestützten Mittelstreckenraketen in Westrussland, nuklear oder konventionell bestückt, bedrohen unsere Sicherheit.

Aber auch die gewaltigen disruptiven und technologischen Entwicklungen zwingen zu einer Anpassung unseres Konzepts.  Denken wir an Quantencomputer, Hypersonic Glide Vehicles (sog hypersonic weapons), AI, unmanned systems, MUMT, Cyber oder Space.

Hinzu kommen Instabilität, Kriege, Terrorismus und Migration in Europas strategischer Nachbarschaft in Nordafrika (Sahel und Libyen) und im Nahen Osten mit Syrien und dem Iran. Dazu der Schwarzmeer-Region und dem Kaukasus. Und China’s Weltmachtstreben. Europa und die transatlantische Gemeinschaft müssen die Frage beantworten, wie sie angesichts der Vielzahl der gleichzeitigen regionalen und globalen Herausforderungen gemeinsam die Zukunft gestalten wollen.Die Staats-und Regierungschefs der Allianz haben diese tektonischen Verschiebungen  im Blick, wie wir jeder Gipfel-Erklärung entnehmen können.  Ich könnte mir vorstellen, dass sie nach Bidens Amtseinführung möglicherweise im Frühjahrstreffen 2021  den Auftrag erteilen, ein neues Strategisches Konzept zu entwickeln. Wesentliches Element wird dabei auch die nukleare Abschreckung spielen. Die NATO wird für die Sicherheit des Euro-Atlantischen Raums zuständig bleiben, aber sie muss sich den strategischen Veränderungen stellen, die sich aus dem Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen, technologischen und bald auch militärischen Weltmacht ergeben. Die USA verlegen ihren strategischen Schwerpunkt von Europa nach Fernost. Sie sehen dementsprechend auch die Masse ihrer Streitkräfte für diesen großraum vor. Die Europäer müssen also diese Kräfte ersetzen, also mehr für ihre eigene Sicherheit tun.. In Europa und darüber hinaus. Die NATO sollte ihre Partnerschaft mit den Demokratien in der indopazifischen Region vertiefen: Australien, Neuseeland, Japan und Südkorea. Das trägt zur „Eindämmung“ des chinesischen Machtanspruchs bei.

Im Kern geht es aus meiner Sicht darum, „NATO 360°“ auszuplanen. Die NATO hat gerade ein umfassendes Konzept für Abschreckung und Verteidigung im gesamten SACEUR-Verantwortungsbereich gebilligt. Dieser reicht vom Hohen Norden bis zum Wendekreis des Krebses. Und von Nordamerikas Ostküste bis zur Ostgrenze der Allianz. Abschreckung und Verteidigung gegen Russland bleibt der Schwerpunkt. Da ist noch viel zu tun.

Die Bedrohung durch Terrorismus, wie IS, Taliban, Al Quaida im Süden kommt dazu. Die NATO will dieser Gefahr vor allem durch die Ertüchtigung (Hilfe zur Selbsthilfe) von Partnerstaaten wie Tunesien, Jordanien, Irak und immer noch Afghanistan erreichen. Darüber hinaus muss festgelegt werden, ob, wie und wo die Europäer in der NATO quasi selbstständig wirken können, um die USA zu entlasten. Man könnte es „leadership in partnership“ nennen. Es geht also um ein kohärentes Streitkräftepaket, das EUROPA / EU und Nord-AMERIKA fest verbindet und gleichzeitig europäische Handlungsfähigkeit stärkt („Wir müssen mehr Verantwortung übernehmen“ als Forderung). Wenn das gelingt, dann haben wir eine echte win-win-situation: ein starkes Europa, eine starke Allianz, ein starkes politisches Forum mit globaler Verantwortung.

Global Review;  Neuerdings schlagen Kräfte von Linkspartei bis FDP vor: Rammstein weg, keine amerikanischen Atomwaffen in Deutschland. Die Linkspartei hat bisher den Austritt Deutschlands aus der NATO zugunsten eines europäischen Sicherheitssystem gefordert, schwenkt aber nun von einem sofortigen NATO-Austritt wieder zurück. Zuerst müsse es erste Schritte zu einer europäischen Sicherheitsarchitektur mit Russland geben, die dann eine Auflösung der NATO ermöglichen würden. Was bedeuten diese Forderungen militärisch und politisch? Welche Schritte müsste Russland übernehmen und die NASTO, um überhaupt einer einem solchen Sicherheitssystem nahezukommen—dem oft zitierten Sicherheitsraum von Vancouver-Lissabon bis Wladiwostok? Kann man das überhaupt ernst nehmen? Was ist von der Forderung nach einer Europäischen Sicherheitsarchitektur zu halten?

General a.D. Domroese: Ein wunderbarer, alter Traum – leider völlig unrealistisch. Weltfremd!

Russlands Regime ist nicht demokratisch, achtet weder Verträge wie die Helsinki-Schlussakte,  START oder INF, noch Menschenrechte (siehe Giftmordanschläge in RUS, London und Berlin), Rechtstaatlichkeit, Presse-und Versammlungsfreiheit oder freie Wahlen.

Moskau teilt nicht unsere Ideale, die wir seit der Aufklärung, der französischen und amerikanischen Revolution- also seit rund 300 Jahren-  verfolgen. Wir wollen ein gutes, nachbarschaftliches Verhältnis zu dem russischen Volk erhalten, gemeinsam Sicherheit im euro-asiatischen Raum ermöglichen und fairen Handel betreiben. Die Hoffnung, dass dies kurzfristig zu einem Systemwandel führt, habe ich nicht. „Wandel durch Annäherung“ muss man ganz nüchtern beurteilen. Die Volksaufstände in der Ukraine und in Belarus zeigen: kein Diktator, kein Regime kann auf Dauer gegen sein Volk regieren. Freiheit, Gerechtigkeit und der Wille nach Selbstbestimmung sind nicht verhandelbar! Libertè, Ègalitè, Fraternitè war und ist die Parole unserer französischen Freunde.Was nun die sogenannte „(West-)Europäische Souveränität“ anbelangt, bin ich leider eher vorsichtig: Wir können uns (hoffentlich)gerade mal selbst verteidigen, aber  weder nuklear noch konventionell einen Gegner vom Schlage Russlands vor einem Angriff abschrecken. Unsere französischen Freunde können diesen „letzten Schritt/ last resort“ für sich vollziehen – wegen der Schwere und der Einzigartigkeit des Einsatzes von Nuklearwaffen wohl aber nicht für Dritte. („mourir pour Danzig ?“) Ähnliches gilt für unsere britischen Verbündeten. Das heißt: wir werden auf absehbare Zeit den amerikanischen Nuklearschirm brauchen, um unsere Sicherheit glaubwürdig (und genau darauf kommt es an ! )zu garantieren.

Aber wir können und müssen konventionell und politisch mehr Verantwortung, d.h. konkrete Einsätze – mit allen Konsequenzen! – übernehmen. „Brunnenbohren“ für deutsche Truppen und „capture, kill actions“ für alliierte Kräfte: das geht nicht! Gleiche Rechte und Pflichten! Nur dann kann Europa zu gewisser, „eingeschränkter Souveränität“ gelangen und Amerika entlasten, damit die USA ihre globale Verantwortung als Schutzmacht der freien Welt ausüben kann. Win-win. Siehe oben.

Global Review: Wie glauben Sie, dass sich die Russlandpolitik unter Biden entwickeln wird? Wird dies nur bei einer schärferen Rhetorik gegenüber Russland bleiben oder was ist zu erwarten? Wird Biden auf regime change in Russland setzen oder aber versuchen Putin durch erhöhten Druck zu einer Verhaltensänderung zu bringen? Putin hat beim diesjähringen Valdai Clubtreffen  nach der Ablehung der USA New Start um 1 Jahr zu verlängern angedroht ein Militärbündnis mit China einzugehen. Wie ernst ist dies zu nehmen, zuaml was würde das bedeuten? Würde Russland militärisch bei einem Konflikt uim Taiwan, Südchinesischem Meer, Ostchineischem Meer oder chinesisch-indischen Konflikt zugunsten Chinas eingreifen und mit welchen Mitteln? Ist das eine reale Drohung?

General a.D. Domroese: Eine interessante Frage: Klar, es gibt eine strategische Kooperation und gemeinsame Manöver. Ich glaube aber nicht, dass Russland ernsthaft mit einem „RUS-CHN-Pakt“ drohen kann. Wer soll denn wen führen? Xi Putin ? Oder Putin XI ? Nein, das sehe ich nicht. Russland wird nicht anstreben, offiziell „ Nummer 2“ zu sein. Auch wenn es das in Wirklichkeit ist. Technologisch, wirtschaftlich, militärisch, gesellschaftlich.

In einem worst-case scenario der sino-amerikanischen Beziehungen ist vorstellbar, dass China Russland bitten könnte, in bestimmten (heißen) Phasen, US-Kräfte in Europa oder/und in MENA oder/und Afrika zu binden, um Entlastung im Südchinesischen Meer oder Pazifik zu bekommen. Aber wer weiß das schon. Eine klassische Aufgabe für think tanks und computerized war games.

Mit anderen Worten: ich denke, Russland wird sich bewegen müssen, um START 2/ INF zu verhandeln. Schließlich wollen die Russen doch auch davon profitieren. Allein schon politisch: Verhandlungen auf Augenhöhe mit den USA wertet Russland auf. Man wird face saving options finden, um aus der Sackgasse zu kommen. Ich bin hoffnungsfroh.

Global Review: Wäre es nicht sinnvoller zu versuchen mittels einer Neuen Ostpolitik Russland von China zu lösen oder in der Auseinandersetzung mit China zu einer neutralen Position zu bringen- vielleicht mit dem Angebot New Start um 1 Jahr zu verlängern?Ist ein Wettrüsten über die ohnehin stattfindende Modernisierung ohne ein Rüstungskontrollabkommen zwischen den USA, China und Russland nicht wahrscheinlich und solltze man China nicht dazu bnewegen seine Interkontinatalraketen noch von 250 ICBMs auf russisches und US-amerikanisches Niveau zu erhöhen?

General (a.D.) Domroese: Ich halte nichts von der Handlungsweise „ meines Gegners Feind ist mein Freund“. Auf Dauer müssen Staaten mit Respekt, Verlässlichkeit und Fairness miteinander umgehen. Das schafft Vertrauen und Stabilität in den politischen Beziehungen.

Die chinesische Aufrüstung ist in der Tat gewaltig; und derzeit ist eine Bereitschaft Chinas nicht erkennbar, sich einem Rüstungskontrollregime anzuschließen. Also müssen wir über attraktive Angebote (incentives)nachdenken, die für die chinesische Führung akzeptabel sind.

Iran und Nordkorea sind weitere Länder, mit denen wir verhandeln müssen. Auch dabei kann China eine wichtige Rolle spielen; als Schutzmacht für NK, wenn sie Nukes abgeben. Der Westen kann wirtschaftliche Zusammenarbeit anbieten.Der Iran-Nuclear-Deal hat ja bekanntlich Europäer und Amerikaner auseinander dividiert. Heute müssen wir feststellen, dass Teheran weiter Uran anreichert, wie die UN Atomaufsichts-Behörde IAEA festgestellt hat. Offensichtlich ist der Iran jetzt in der Lage, kurzfristig drei Atomwaffen zu produzieren. Das wollten wir verhindern. Haben wir aber nicht. Jetzt stehen wir vor einem raben-schwarzen Ergebnis. Ein iranisches Regime mit Nuklearwaffen können wir Europäer nicht wollen – und Israel nicht tolerieren. Deutschland wird auch hier „mehr Verantwortung übernehmen“ müssen. Es wäre eine Katastrophe, wenn sich dieser Konflikt militärisch entladen würde. Hier muss rasch gehandelt werde. Eine gemeinsame US-EU-Initiative muss schnell auf den Tisch. Insofern sehe ich auch in diesem kritischen Punkt eine bessere Situation unter Präsident Biden.

Global Review: Wie soll die NATO mit dem NATO-Mitglied Türkei umgehen? Soll man hoffen, dass Erdogan eines Tages abgesetzt wird oder sein neues neoosmanisches Reich, das er mithilfe der Muslimbrüder in Nordafrika bis Syrien und Jordanien errichten will und sich eventuell auch noch atomar bewaffnet weiterhin als Partner akzeptieren?Wird die Erdogan nicht ein disruptiver Störfaktor des Weltfriedens wie das Deutsche Reich vor dem 1. Und 2. Weltrkieg in Europa nun im Greater Middle East? Inwieweit ist es wahrscheinnlich, dass Erdogan ein Bündnis mit Russland eingeht oder der SCO beitritt?

General a.D Domroese: Zugegeben, die Initiativen des türkischen Präsidenten in der jüngeren Zeit deuten einen Richtungswechsel an, der prinzipiell nicht zur Politik und Strategie  der NATO passt. Der Kauf russischer Luftabwehrsysteme untergräbt die integrierte NATO-Luftverteidigung; unabgestimmte Gasbohrungen in griechischen Gewässern im östlichen Mittelmeer erhöhen das Risiko kriegerischer Auseinandersetzungen unter Alliierten; das Vorgehen gegen die Kurden in Syrien ist völkerrechtswidrig; und zu guter Letzt: die Unterstützung Aserbaidschan im Angriff auf Armenien zeigt: die türkische Regierung will von innenpolitischen Unruhen, wirtschaftlichem Abstieg und diktatorischen Ambitionen ablenken. Das wird nicht gelingen, weil das türkische Volk erkennt, dass die letzten Wahlen mit Verfassungsänderung ein coup d‘etat waren.

Russland kann der Türkei militärisch helfen. Ja. Auch mit Gaslieferungen. Aber mit nichts anderem. Wird es sicherer? Wird es besser? Gibt es mehr freien Handel? Ist es eine win-win-Situation? Man erkennt schnell, dass ein Seitenwechsel von der NATO hin zu Russland auf Dauer keine Vorteile bringen wird. Daher bin ich optimistisch, dass auch diese Phase vorübergeht. Solange sollten wir unsere türkischen Freunde geduldig unterstützen. Es sind hervorragende Soldaten und Freunde. Geopolitisch ist es gebotent, die Türkei weiter an unserer Seite zu wissen.

Global Review: Der Krieg gegen den Terror, der nun vorüber scheint und der besser als Krieg gegen den Islamismus hätte konzipiert werden sollen und nicht hauptsächlich säkulare arabische Despoten wie Saddam Hussein, Ghaddafi oder Assad stürzen hätte sollen, wird jetzt durch den Kampf gegen die Großmächte Russland und China, sowie die Rgeionalmächte Iran und Nordkorea ersetzt. Während jetzt alle auf Russland und China schauen, wachsen die Islamisten wieder, einschließlich der Idee des neo-osmanischen Reiches Erdogan-Türkei mit der Muslimbruderschaft aller LänderWir könnten wahrscheinlich zwei islamistische Gürtel haben. eine von der Sahelzone nach Nigeria mit dem Islamischen Staat und eine zweite von Nordafrika und dem Horn von Afrika (Somalia / Sudan) nach Syrien mit von Erdogan unterstützten muslimischen Brüdern und der FIS in Algerien. Das Ganze wird auch von Palästina und Jerusalem angetrieben. Und es gibt auch den US-iranischen Konflikt an der Spitze, und es bleibt abzuwarten, ob die PLO noch die Macht behalten kann und nicht von der Hamas oder noch radikaleren Kräften übernommen wird.In Südasien werden die Taliban nach dem NATO-Rückzug gestärkt, die Islamisten in Pakistan, dem Land mit der ersten muslimischen Atombombe, sind auf dem Vormarsch und Indien steht auch vor einem Problem mit seiner muslimischen Bevölkerung und ihrer teilweisen Radikalisierung und Islamisierung, dem Kaschmir-Konflikt ist keineswegs gelöst, Islamisten in Bangladesch, Indonesien und Malaysia sind eine wachsende Macht, ebenso wie der von Islamisten ausgenutzte Rohingya-Konflikt in Birma die Regierungen in Indien, Pakistan und Bangladesch durch angebliche islamische Solidarität destabilisieren wird. In Zentralasien hat die von China und Russland geführte Shanghai Cooperation Organization (SCO) bisher für Stabilität gesorgt, ebenso wie der zunehmend islamische Kadyrow in Tschetschenien, der ebenfalls unzuverlässiger wird und auch ein Metzger ist. Welche Strategie würden Sie gegen den erstarkenden Islamismus vorschlagen und kann die NATO da überhaupt noch eine Rolle spielen oder sind Bündnisee wie die Anti-IS-Koalition da nicht weiterführender oder vielleicht gar ein Anti-Islamismusbündnis des Westens, Indiens mit Russland?

General a.D. Domroese: Ihrer Eingangsthese möchte ich widersprechen: die NATO führt keinen religiösen Glaubenskrieg!!! Wir sind doch aufgeklärte Menschen.

Counter Terrorismus, kurz CT, will Freiheit schützen. Religionsunabhängig. „Jeder Muslim ist ein Terrorist“ – NEIN! Auch umgekehrt stimmt es nicht: Jeder Terrorist ist ein Muslim. Auch, wenn es vielerorts so wahrgenommen wird.

In Deutschland kennen wir Terror von links (RAF) und rechts ( NSU); Irland/UK kennen katholische und evangelische Terroristen; die Türken die PKK; Russland die Tschetschenen; Irak den IS, Nigeria Boko Haram… Und wir kennen sogenannte „Schurkenstaaten“, die ihre Bevölkerung missachten, beleidigen, ausbeuten und ermorden. Genozid betreiben.

Ziel aller NATO-Staaten ist, diesem menschenverachtenden Handeln ein Ende zu setzen und den Menschen eine konkrete Perspektive auf besseres Leben zu geben. Das wollte der Westen im Bosnien-Herzegowina, im Kosovo, im  IRAK, die NATO in Libyen und Afghanistan. Teilweise haben wir es geschafft. Aber wir sind noch lange nicht da, wo wir gerne wären. Unsere belgischen Freunde stehen seit über 60 Jahren im Kongo – und müssen auch morgen noch helfen, damit das Land nicht im Chaos versinkt. Abziehen und aufgeben ist keine gute Alternative. Das gilt für viele Länder, z.B. auch für Afghanistan.

Und dennoch muss man nach 20 Jahren starker militärischer Präsenz und Milliardenhilfen nüchtern Bilanz ziehen und die Strategie anpassen. Einsätze dürfen kein Fass ohne Boden werden. Fortschritte müssen erzielt werden! Ziele müssen gemeinsam verhandelt und erreicht werden. „Conditions based support“: Geberländer müssen darauf bestehen. Man kann nicht „ewig“ fremde Länder mit (großer) militärischer Präsenz stützen.

Die NATO ist einzigartig. Sie ist ein politisches Bündnis mit leistungsfähigen militärischen Hauptquartieren und nationalen Truppenkontingenten. Ad-hoc-Koalitionen können das nicht. Einzelne Lead-Nations, wie die Weltmächte, können das auch. Alle anderen nicht oder zumindest nicht „aus dem Stand“. Die EU baut eine Führungs-struktur gerade auf und mit PESCO versucht sie, Schritt für Schritt militärisch handlungsfähig zu werden. Ist es aber heute noch nicht.

Entscheidend ist zunächst, wofür man so eine „Macht“ nutzen will. Das politische Ziel muss allen Akteuren klar sein. Und in Ihrem Beispiel sehe ich das nicht. Kampf gegen Terrorismus – okay. Bündnisverteidigung – klar. Piratenbekämpfung – ja. Ein gemeinsames Ziel „Kampf dem Islam“ widerspräche unseren Idealen und Werten. Weder EU, noch NATO, noch Deutschland würden folgen, davon bin ich fest überzeugt.

Unsere deutsche Geschichte, insbesondere die schreckliche Nazizeit, lehrt uns doch: nie wieder industrialisiertes Morden religiöser Gruppen. Art 4 (1)GG fordert: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. D.h. wir müssen politisch, sozial und gesellschaftlich mit diesem Phänomen umgehen. Das ist keine militärische Frage.

Global Review: Was bedeute die Aufrüstung unter Reagan gegen die Sowjetunion und deren SS 20 militärisch? Die USA unter Reagan sprachen ja indirekt  Atomkriegsdrohungen aus , Totrüsten und Airlandbattle der NATO und der NSC-Direktive 54 von Colin S. Gray, der Atomkriege als „begrenzbar, führbar und gewinnbar“ gegenüber der Sowjetunion deklarierte, wurden geläufige Schlagwörter. Reagans damaliger Vizepräsident George W. Bush senior 1980 im Interview mit dem Korrespondenten der Los Angeles Times Scheer:

Scheer: Erreicht man mit diesen strategischen Atomwaffen nicht einen Punkt, wo wir uns gegenseitig so oft vernichten können, … daß es wirklich keine Rolle mehr spielt, ob man zehn oder zwei Prozent drunter liegt oder drüber?

Bush: Ja, wenn sie glauben, daß es in einem nuklearen Schlagabtausch nicht so etwas wie einen Sieger gibt, dann macht das Argument Sinn.Ich glaube das nicht.

Scheer: Wie gewinnt man einen nuklearen Schlagabtausch?

Bush: Man hat eine Überlebensfähigkeit der Kommando- und Kontrollstrukturen, Überlebensfähigkeit von Industriepotential, Schutz eines Prozentsatzes der Bürger, und man ist in der Lage, dem Gegner mehr Schaden zuzufügen, als der einem zufügen kann. Auf diese Weise kann es einen Sieger geben.

Fraglich, ob Bush senior das ernst meinte, aber Reagans Atomkriegsdrohungen, Atomwitze oder NATO-Manöver wie Able Archer 83 versetzten den Warschauer Pakt da scheinbar desöfteren in Panik und höchste Alarmbereitschaft.Warum kapitulierte die UdSSR? Glaubte sie an die Kriegsdrohungen der NATO und hielt sie diese für real? Hätte man militärisch einen Kireg auf dem Schlachtfeld Europa mit den Pershing 2 und Cruise Missile führen können, der „begrenzt, führbar und gewinnbar“ ist?

General a.D. Domroese: Nein, das wollte auch keiner. Ein Krieg in Mitteleuropa, besonders aus deutscher Sicht, musste und muss unter allen Umständen vermieden werden. Deutschland wäre das Schlachtfeld geworden. Das zeigt: Abschreckung wirkt. Sie beschreiben das Prinzip ganz richtig: Drei Dinge braucht man, salopp ausgedrückt. Erstens, die Waffen; zweitens eine glaubwürdige Einsatzstrategie und drittens einen potentiellen Angreifer, der davon überzeugt ist, dass „wir“ zurückschlagen und dann sein Schaden größer als sein Gewinn wäre. Es lohnt sich einfach nicht. So war es und so ist es im Prinzip noch heute. Ja – der „Angreifer“ muss es fest glauben. Und wir dürfen an unserem festen Verteidigungs-Willen keinen Zweifel aufkommen lassen.

Global Review: Eine weitere Schrift, die für Aufregung sorgte, war der Bestseller„Der 3. Weltkrieg“ von General Sir John Hacket, in dessen Buch mit einem Vorwort von General Kielmannsegg, der Westen nach einem Angriff der Sowjetunion in Europa, Afrika und Asien diese an allen Fronten zurückdrängt, wobei der Krieg im wesentlichen ein „elekrtonischer Krieg“bleiben würde und Europa wiedervereinigt würde. In der Europäischen Wehrkinde ersann General Hubatschek das Szenario, dass die NATO tief in das Gebiet des Warschauer Pakts vordringen solle und dann als Friedensbeute, Geländetäusche vornehmen könne, auch ehemalige deutsche Ostgebiete. War das ernstzunehmen?

General a.D. Domroese: Bis in jüngste Zeit hat es hervorragende, phantasievolle und durchaus „realitätsnahe“ Essays über einen fiktiven sowjetischen bzw. russischen Angriff auf den Westen oder die NATO gegeben. Sir Richard Shireff, britischer Vier-Sterne-General (ret), ein Freund mit dem ich viele Jahre gemeinsam in der Nato gedient habe, will uns wachrütteln mit seinem 2017 erschienenen Werk „ War with Russia“. Ein Kern Wahrheit ist immer darin. Die Annexion der Krim, beispielsweise hätte durchaus in diesen Geschichten stehen können.

Zu Ihrer Frage kann ich sagen, dass die NATO sich immer vorbehalten hat – im Falle eines Angriffs auf einen oder mehrere Verbündete – „according to our choosing“ zurückzuschlagen. Das ist ja Teil der Abschreckung. Die Reaktion muss quasi zum Nachteil des Angreifers sein oder im schlimmsten Fall unvorstellbar schrecklich für ihn sein.

Global Review: Was bedeutete die Stationierung der Pershing 2 und Cruise missile militärisch. Entkoppelten sich die USA damit vom Schlachtfeld Europa und konnten somit glaubwürdiger drohen und die UdSSR abschrecken mit der Aussicht, dass der Krieg auf Euroshima begrenzt bleibe. Waren diese Waffen dazu gedacht, Enthauptungsschläge gegen sowjetische Führungs- und Kontrollstrukturen zu führen?

General a.D. Domroese: It’s all about perception. Sie sprechen von landgestützten Cruise Missiles. Europäische und deutsche Auffassung war es, dass die Stationierung  sowjetischer SS-20 dem Ziel dienten, einen nuklearen Schlagabtausch zu ermöglichen und zugleich auf Europa begrenzen zu können – ohne die USA direkt zu involvieren. Die Sowjets wollten die Vereinigten Staaten abspalten von West-Europa. Ein Alptraum aus deutscher bzw. europäischer Sicht.  

Kanzler Helmut Schmidt’s diplomatisches Geschick, gepaart mit fester Überzeugung und strategischer Weitsicht, ist es zu verdanken, in Deutschland Mittelstreckenraketen gewissermaßen „gegenzustationieren“.  US-amerikanische Systeme sollten die Vereinigten Staaten fest mit Europa verbinden so, dass eine Abspaltung Amerika’s von Europa nicht passieren könne. Und diese geradlinige Standfestigkeit und eindeutige Politik des „Nachrüstens, um abzurüsten“ hat alle, Freunde und Gegner, überzeugt. Ein ganz großes Verdienst von Helmut Schmidt. Ein Vorbild in Haltung und Persönlichkeit !

Global Review: General a.D.Naumann meinte, dass bei Joe Bidens geplanter Alliance of Democracies die NATO der Kern sein würde.Schon Madeleine Albright wollte eine Community of Democracies,John Mc Cain eine League of Democracies,aber scheinbar wurde aus diesen Plänen nichts,wie auch aus Ivo Daalders Global NATO. Soll eine solche Alliance of Democracies militärpolitisch durch die NATO in Europa und den Quad in Asien orchestriert werden?Die Washington Post meinte,es sei unpraktisch,nur eine werteliberale Allianz zu begründen,da man so wichtige potentielle Bündnispartner,die keine Demokratien seien ausschließen würde-z.B.Staaten wie Vietnam.Was glauben sie,was von dieser Idee zu halten ist?

General a.D. Domroese: Wie eingangs bereits gesagt, stehen wir vor gewaltigen Herausforderungen inmitten globaler Machtverschiebungen. Es ist daher richtig, wenn Amerika „like-minded-nations“ um sich sammelt, um diese Transformation friedlich zu gestalten. Leadership und Visionen brauchen wir – und wenn Präsident Biden das veranlassen will, umso besser. Für diesen Anspruch und dieses Vorhaben werden NATO und die trans-atlantischen Beziehungen das Fundament bilden.

Andere wichtige Partner ergänzen die Akteure: Indien, Australien, Japan und die USA stehen als “QUAD“ zusammen, um u.a. den chinesischen Einfluss im Pazifik militärisch einzudämmen. Israel, Saudi-Arabien, die VAE und die USA mit anderen garantieren die Unversehrtheit der einzigen Demokratie im Nahen Osten und halten den Iran im Zaum. Die EU streckt die Hand aus nach Afrika. Vietnam, einst Kriegsgegner der USA, heute Freund und Partner, fördert den freien Handel in der Region.

Diese Liste kann man fortsetzen. Man wird auch über die längst überfällige Reform der Vereinten Nationen auf unserem Weg nach 2030 nachdenken müssen. Nehmen Sie den Klimawandel oder die COVID19-Pandemie als Beispiel: nur gemeinsame, grenzüberschreitende Antworten sind sinnvoll.

Anmerkung von Global Review: Es ging bei der Frage einer Allianz gegen den Islamismus nicht um eine Allianz gegen den Islam. Es ist interessant, wie diese Begriffe immer wieder verwechselt und vermischt werden. Weder geht es um einen religiösen Glaubenskrieg (es sei denn seitens evangelikaler Fundamentalchristen oder eben Islamisten), noch um einen Kreuzzug der NATO gegen den Islam. Man braucht keine neuen Kreuzritter. Der War on Terror war zudem eine Mogelpackung. Gestürzt wurden vor allem säkulare, panarabische Despoten wie Saddam Hussein, Ghaddafi oder sollten ala Assad gestürzt werden. Faktisch hat man damit als unintended effect Islamisten erst richtig stark gemacht. Was hatten diese säkularen Diktatoren denn mit Terrorismus oder Islamismus zu tun, auch wenn Bush jr. ernsthaft behaupette Saddam würde mit Al Kaida zusammenarbeiten. Das war doch eine offensichtliche Propagandalüge wie auch die Massenvernichtungswaffen. Zumal ging des bei der Axis of Evil auch nicht um Terror, sondern unausgesprochen um nukleare Proliferation. Scholl Latour kritisierte den Terminus War on Terror ja auch recht realistisch. Und mit War on Islamism oder Alliance against Islamism ist auch nicht War on Islam oder ein Kampf gegen den Islam oder ein Clash of Civilizations/Kampf der Kulturen gemeint. Auch behauptet niemand mit Ausnahme islamophober Rechter, dass jeder Muslim ein Terrorist oder ein Islamist ist. Zudem wird der Islamismusbegriff im Nachwirken von 9 11 vor allem nur in seiner terroristischen oder gar militanten Form betrachtet, also auf Al Kaida, Taliban, Al Shabab, Boko Haram,etc. verengt. Es gibt aber auch legalistische Islamisten wie Khomeini, die AKP Erdogans oder die Muslimbrüder, die vor allem mittels einer Massenpartei ihre islamistische Diktatur errichten wollen und dann wie am Falle Irans oder der Erdogan- Türkei expansionistisch werden. Der Hauptvertreter etwaiger Bestrebungen, die NATO in ein Bündnis gegen den Islamismus umzuwandeln, ist der Chef des Middle East Forum und ehemalige Islamexperte der Bush jr.-Regierung Daniel Pipes – dieser will keinen Kampf gegen den Islam,sondern den Kampf gegen den Islamismus. Er befürwortet und wirbt auch darum die Türkei aus der NATO auszuschließen und dann den Kampf gegen Iran, die Erdogantürkei und sonstige Islamisten zu führen. Ein klassischer Neocon, der etwas ideologisch eingefärbt ist und die Frage ist, ob dies überhaupt realistisch ist, die etwaigen geopolitischen Kalkulationen der jeweiligen Großmächte noch nicht einmal berücksichtigt, die ja mit islamistischen Regierungen wie Iran oder Erdogan-Türkei zusammenarbeiten und eigentlich nur bei der ad-hoc-Koalition gegen den Islamischen Staat oder bezüglich der Taliban weitgehend Übereinstimmung herrschte. Von daher ist es absehbar, dass es diese von Pipes geforderte Alliance against Islamism oder War on islamism wohl nicht geben wird und eher ein pipe dream ist. Und weder im Westen, noch in Russland scheint da ein besonderes Interesse, wie wir auch seitens russischer Quellen erfahren durften. Zudem zeigt sic auch am Beispiel Macrons und dessen fehlender Unterstützung, wie bedeckt man sich in dieser Richtung im Westen hält.

GR-Leserkommentare

Beim Lesen des Interviews hatte ich gemischte Gefühle. Zum einen imponiert der Kampfesgeist und die klaren Visionen, wie auch die Zuverlässigkeit des alten, erprobten Kalten Kriegers Domröse, der uns durch die Höhen und Tiefen der Ost-West-Auseinandersetzung half, wie auch die eigentlich logischen und naheliegenden Ziele und die Stoßrichtung. TTIP 2.0, TTIP-RCEP und NATO 360 Grad. Eigentlich alles einleuchtende Vorschläge. Richtig ist ja: Pacta sunt servanda und dass man den günstigen Moment nutzen sollte. Dennoch beschleichen mich einige Zweifel. Unter schon günstigeren Bedingungen skizzierte Brzezinski damals eine G2 zwischen den USA und China als Grandstrategie an die Wand, wurde von Chimerica gesprochen, bei Obama war es dann TTIP und TPP.Dennoch wurden diese Großentwürfe nie Realität, ja fast das Gegenteil erleben wir heute . Zumal eben Trump mit dem Prinzip Pacta sunt servanda sehr grundsätzlich gebrochen hat und niemand weiss, ob unter Biden geschlossene Verträge 2024 dann noch ihre Gültigkeit haben oder nicht auch wieder gekündigt werden. Der Moment ist kurz und dass er länger werden könnte, würde erfordern, dass man die Trumpisten innerhalb der Republikaner so eindämmt und isoliert, dass ein einigermaßen zuverlässiger außenpolitischer Mindestkonsens zwischen Demokraten und Republikanern etabliert werden kann. Man weiss auch nicht, ob ein Mike Pompeo oder ein Mike Pence, die zudem recht evangelikal angehaucht sind eine Verbesserung gegenüber Trump wären oder nicht das America First 2.0 weiterführen würden oder ob nicht doch ein neuer shooting star der Republikaner aufkommt. Aber wahrscheinlich bleibt uns nicht anderes übrig, als die Chance und den Moment zu nutzen und voranzutreiben, um ihn nachhaltiger zu machen und nicht verstreichen zu lassen. Vielleicht sollte man auch den Ratschlag von britischen Hofzofen am englischen Königshaus an adelige Jungfrauen vor der Hochzeitsnacht beherzigen: Augen zu und denk an England und das Empire!

Eine sehr ambitionierte Agenda, die da vorgeschlagen wird. Es scheint in Mode gekommen zu sein hinter jeden Begriff ein 2.0, 4.0 oder light dahinterzuhängen und dann zu glauben, dass das Problem so einfach lösbar sei. Speziell bleiben einige Fragen. Würde ein neuer Irandeal akzeptiert und was wären  seine Konditionen? Will man weiterhin Raketentests und Außenexpansion des Irans zulassen und dann wieder die Atomanreicherung auf nur 10 Jahre begrenzen? Wäre dies nicht nur eine zeitliche Verschiebung des bleibenden Problems eines nuklearen Irans? Wird der Iran überhaupt etwas anderem als dem alten Irandeal zustimmen, zumal er jetzt auch schon Kompensationen fordert? Was soll die vorgeschlagene US-EU-Initiative beinhalten? Ist ein nuklearer Iran überhaupt noch zu verhindern oder sollte man sich nicht lieber geeignete Abschreckungsstrategien ausdenken? Ähnlich Nordkorea. Genauso wenig wie Iran seine nukleare Infrastruktur zur Disposition stellen wird, wird Nordkorea noch zu denuklearisieren sein. Nach dem Irakkrieg und dem Sturz Ghaddafis, dürfte Kim Yongun die Atomwaffe als seine Überlebensgarantie sehen. Auch fraglich, ob er China als Garantiemacht vertrauen würde, zumal sämtliche US-Regierungen alles mögliche versuchten—von Axis of Evil bis hin zu Sonnenscheinpolitik und alle möglichen Mischformen. Wirtschaftliche Sanktionen wie umgekehrt aber auch wirtschaftliche Anreize haben Nordkoreas Atomkurs bisher nicht beeinflusst, zumal auch noch die Juche-, nun Songsun-Ideologie gilt.Nordkoreas Führung ist bereit, eher Teile seiner Bevölkerung verhungern zu lassen, als auf seine Atomwaffen zu verzichten.

Kommentare sind geschlossen.