Interview mit Dr. Rahr: „Drittens kann der Plan von Elon Musk zur Geltung kommen. Wer vergessen hat, was gemeint ist, sollte sich mein eigentliches Interview mit Global Review zu Gemüte führen“

Interview mit Dr. Rahr: „Drittens kann der Plan von Elon Musk zur Geltung kommen. Wer vergessen hat, was gemeint ist, sollte sich mein eigentliches Interview mit Global Review zu Gemüte führen“

Da unser letztes Interview mit Dr. Rahr viele Shitstorms, viele kritische und Nachfolgefragen und Kommentare zeitigten, wollte wir nochmals bei ihm nachfragen und die gesammelte Kritik systematisch gesammelt nochmals zu Worte kommen lassen. Vielleicht klärt dies eher, welche Funktion und Position Dr. Rahr einnahm, einnimmt, ob er „Blut an den Händen“ hat, ob er mitverantwortlich am Ukrainekrieg Putins ist, ob er „Putinberater“ war, ein Artikel, den wir- selbstkritisch eingestanden-auch wie viele westliche und auch russische Medien voreilig übernahmen.

Dr. Rahrs Ruf hat jedoch seit der russischen Krim-Invasion gelitten, wie ein Youtube-Video einer ukrainischen Propagandaorganisation Underdog Ukrainians (Logo: Pitbull mit Stahlhelm und einem Knochen im Maul) deutlich macht.

Global Review sieht Dr. Rahrs wesentliche, aber nicht individuelle Schwäche darin, dass er wie sein Vater russischer Nationalist ist und „Patriotismus“ und „Nationalismus“ nichts Harmloses ist, zumal eben im Kapitalismus bei kapitalistischer Krise genauso die Tendenz haben zum dann sogenannten „Ultranationalismus“ überzugehen, wie der liberale und kommunistische Internationalismus etwa einer Liberalen Moderne und Globalismus missionarisch und dann imperialistisch, agrressiv zu werden. Das liegt im Wesen der Sache und Ultranationalimus ist da so dieselbe teleologische Konsequenz wie Fukuyamas endzeitliche Erlösungsschrift „Das Ende der Geschichte“ seitens des Liberalismus und der Liberalen Moderne, die dann solche Demorkatratisierungs- und Agressionskriege wie Irak 2003 hervorbringen, die Dr. Rahr in russischen Medien ja auch als „Kreuzritterideologe des Westens“ spiegelbildlich und als Nationalist und sogenannter Wertekonservativer kritisierte, wofür ihn Springers Welt an den Pranger stellte. Von der Einstellung aber auch nicht viel anders als solche deutschen neokonservativen Think Tanks wie Republik 21 und deren Wokenesskampagnen, die auch in FAZ. BILD und Welt gehypt werden, die wie Dr. Rahr auch für einen „neuen Wertekonservatismus“eintreten und in deren ideologischer Basis er ja ein einigendes Band einer neuen Rolle Putin- Russlands als 4. Rom eines weltmspannenden Wertekonservatismus gegen den durchgeschwulten LGBTIQ- Genderliberalen demokratischen Westen in einem zukünftigen Bündnis und neuer Weltordnung mit Trump, Bolsonaro, Orban und anderen „Wertekonservativen“ weltweit kommen sah, dabei auch nochmals die nationalen INteressen der jeweiligen Länder vergessend, da etwa das ebenso wertekonservative, autoritäre PiS- Polen , neofschistische Georgia Melloni- Italien und andere Nationalisten dies ja wieder anders sehen. . Also auch ideologisch und sozusagen ein Kreuzritter und wertekonservativ statt werteliberal mit missionarische Anspruh über rein eurasische Wirtschaftsräume und eurasische Militärbuündnisse hinaus, wie es Putin auch in seiner neimals richtig verstandenen sogenannten Fridensrede im deutsche Bundestag 2001 ain bestem deutsch formulierte. Das ging weit über die sogenannte Realpolitik und den vielzitierten nationalen Interessen und balance of power und Interessensausgleichen hinaus, wie sie Morgenthau, Kissinger, Waltz, KIndernmann und selbst ein Mearsheimer als Vertreter des Realismus/ Neorealismus und auch der Realpolitik andachte, auch wenn sie ein Bündnis Mao/Nixon, USA/ China in die Welt riefen für dessen Negierung der systemischen und Unterschätzung deren eigenen Machtambitionen dieser Staaten und Systeme wir heute diese Konflikte, katalysiert seitens den Globalisierungsfanatikern und Institutionalisten bis zum Rande neuer Weltkriege erleben und geniesen dürfen . Eine demokratische, liberale MItte eines Westens wollen sowohl die Liberale Moderne ala Fücks und viele Grüne und Soros wie (ehemalige) Putinfans wie Rahr zerreiben hinzu ihren Wokeness oder autoritären „Wertekonservatismus“extremen. Dennoch wollen wir Dr. Rahr, der seitens ukrainischer Propagandaorganistationen wie Underdog Ukrainians (Logo: Pitbull mit Stahlhelm) auf Youtube als „Putins Sprecher in Europa“ genannt werden, seitens Social Media- Alteregos bei Twitter wie Nadja (Logo und Profilbild: chinesischer Knuddelpanda mit ukrainischer Fahne)  als russischer Führungsoffizier des FSB, der die Bundeswehr infiltriert habe und auch Dr. Christian Hacke zu seinem Putin- Netzwerk zählen könne, seine eigene Darstellung bringen lassen. Wie gesagt: Geheimdienstliche Vermutungen und Klärungen überlassen wir professionelleren Kreisen wie BND, MAD und Verfassungsschutz. Sollten die diesbezüglich zu anderen Ergebnissen kommen, werden die natürlich auch berücksichtigt. Aber solange dies nicht der Fall gilt in einem Rechtsstatt immer noch die Unschuldsvermutung, wie sozusagen auch die Möglichkeit einer sozusagenen Resozialisierung. Dennoch klingen die Antworten etwas danach, dass man konkreten Inhalten ausweicht, kaum Analyse noch ausführlichere Optionen oder Perspektiven, mehr Schlagwörter bringt und wem das nicht passt, soll selbst nachlesen, Putin weiterhin im Amt bleiben sieht und sich keine Hintertür verbauen will, etwas trotzig und ausweichend, ja auch nicht detailliiert und in sonstiger gewohnter Ausführlichkeit gegegebenen Antworten auf die konkreten Fragen und Optionen eingehend. So lernfähig klingt das bisher nicht. Damit beenden wir vorerst die Dr. Rahr-Interviewserie.

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Dr. Rahr bei einem Treffen mit Putin

Global Review: Herr Rahr, wir haben etliche Posts bekommen zu unserem Interview, aber die erste Frage ist: Wer ist Alexander Rahr wirklich? Da Sie sogenannter Putin- und Gazpromberater waren, inwieweit ging Ihre Beratertätigkeit bei beiden? Wie oft haben Sie Putin getroffen, nicht nur im Valdaiclub und was haben Sie gesagt und gefragt und inwieweit haben Sie sich verführen lassen aufgrund des russischen Nationalismus Ihres NTS-Vaters? Haben Sie nicht die gesamte Grundkonstellation übersehen in der Hoffnung Russland ein Gewicht in der Welt zu geben und dabei Putins weitergehende Pläne übersehen? Oder haben Sie diese gar unterstützt?

Alexander Rahr: meine Biographie ist seit Jahren bekannt. Ich bin in Taiwan geboren, in der Familie von Exilrussen, die vom Kommunismus in den Westen geflohen waren. Mein Vater sass für seine Überzeugungen in fünf KZ des Nazi-Regimes, bis er 1945 von den Amerikanern in Dachau befreit wurde. Er arbeitete danach für die Amerikaner. Meine Mutter entstammt dem russischen Kleinadel (Oreschek). Unser Stammbaum geht zurück bis in die Taterenherrschaft. Ich wuchs in Eschborn im Taunus auf. Mein Vater betätigte sich damals in der russischen Exilorganisation NTS (Bund russischer Solidaristen, eine Vorgängerorganisation der polnischen Solidarnosz). NTS arbeitete auf einen Regime Change in der Sowjetunion hin. Ziel war die Schaffung eines demokratischen Staates, einer freien Gesellschaft und einer sozialen Marktwirtschaft. Die Solidaristen waren aber gegen die Auflösung der UdSSR in nationale Einzelrepubliken, das alte russische Imperium sollte nach Möglichkeit nicht zerfallen, wie 1917.  Die Ukraine sollte bei Russland bleiben. Ich wuchs in der russischen antisowjetischen Diaspora auf, wir zogen 1975 nach München um, da mein Vater ein sehr gutes Jobangebot vom US-Sender Radio Liberty erhielt. Ich studierte in München Geschichte und Politik. Für meine Kommilitonen war ich zu anti-sowjetisch. Einer meiner Dozenten war der neulich verstorbene Professor Kindermann. Dann kam die Wende, der Fall der Mauer, die deutsche Wiedervereinigung, der sowjetische Rückzug aus Osteuropa, der friedliche Zerfall der Sowjetunion. Ich arbeitete damals als Senior Analyst im Forschungsinstitut von Radio Liberty und beriet die US Regierung, schrieb Bücher und trat ständig in den deutschen Medien auf. Ich erklärte den Wandel. Enthusiastisch und voller Tatendrang fuhr ich nun ständig nach Russland, Ukraine, Weissrussland, Zentralasien und bekam einen Ruf zur DGAP, wo ich schnell zum Leiter des Zentrums für Russland, Ukraine und Eurasien wurde. 18 Jahre beriet ich nun die deutsche Regierung. Finanziert wurde das Zentrum von der Körber-Stiftung, danach vom Ost-Ausschuss. Als Putin 2000 an die Macht kam, lud er mich zum Abendessen in den Kreml ein. Ich folgte der Einladung. Putin sagte mir, er wolle Russland als demokratischen Staat in Europa verankern. Ich glaubte ihm und berichtete ausführlich dem Kanzleramt über meinen Besuch. Nach Putin kam Medwedew an die Macht. Die DGAP organisierte einen Vortrag für ihn in Berlin. Medwedew schlug einen gemeinsamen Raum zwischen EU und Russland vor. Doch der Westen war, zu meinem Entsetzen, nicht an einer Zusammenarbeit mit Russland in Sicherheitsfragen interessiert. Die Wirtschaft war dagegen kooperationsfreudig. 2012 wurde die grüne Idee einer rein wertebasierten Aussenpolitik von Kanzlerin Merkel übernommen. Die Anhänger des Realismus im Petersburger Dialog wurden abgesetzt, darunter meine Wenigkeit. Ich ging als Berater in die Wirtschaft, meine Kontakte im Ost-Ausschuss und DGAP halfen mir dabei. Ich glaubte fest an die Politik des Wandel durch Handel – die ich in meiner Tätigkeit bei Wintershall (einer BASF Tochter) und in solchen Gremien wie dem russischen Valdai-Klub, oder der ukrainischen Organisation Yalta European Strategy, durchzusetzen versuchte. Wie wir heute wissen, ohne Erfolg. Putin sah ich jedes Jahr im Valdai Klub und beim Petersburger Dialog. Ich war und bin kein Putin Lobbyist. Ich arbeitete ausschliesslich im Sinne der Völkerverständigung, wofür ich mit den höchsten Orden der Bundesrepublik und Russlands ausgezeichnet wurde. Putins Berater war ich nie gewesen. Vor 1O Jahren wurde ich in den Vorstand des Bundesverbandes der Russischen Wirtschaft e.V. eingeladen. In dieser Eigenschaft beriet ich Unternehmen wie Gazprom. Seit Anfang 2022 ist der Verband stillgelegt, es gibt ihn praktisch nicht mehr.  Gazprom gibt es in Deutschland auch nicht mehr. Das Deutsch-Russische Forum, wo ich die letzten Jahre Forschungsdirektor war, wird sich künftig nur noch zivilgesellschaftlichen Projekten widmen. Der Petersburger Dialog wird geschlossen. Ich möchte mich künftig der wissenschaftlichen Aufarbeitung der letzten 40 Jahre widmen (mein 11 Buch schreiben) und weiter beratend tätig sein. Ich bin ein wichtiger Zeitzeuge, meine Erinnerungen habe ich in meinem Roman “2054“ publiziert, wen das interessieren mag. Ich möchte die werten Kritiker und Leser nicht überstrappazieren, aber um sich mit Russland zu beschäftigen benötigt man mehr als primitives Zeitungswissen. Ich fand die Angriffe gegen mich in den deutschen Medien ungerecht. 

Global Review: War Ihre Analyse, dass Europa die gemeinsamen christlich- wertekonservativen Wurzeln Putins annehmen sollte wie Sie Europa seitens Ihres NTS- Vaters sahen, nicht eine Unterschätzung oder gar imperialistisches Programm einen regime change seitens AfD, Front National, Orban, etc, in Europa hinzubekommen und daher ein sehr aggressives Programm? War dies ganze Idee Europa auf einen neuen Wertkonservatismus ala Putin zu bekommen, nicht eine aggressive Kampfansage und völlig unrealistisch und so in Unkenntnis wie bezüglich der russischen Ukrainer, die die russischen Truppen als Befreier ansehen würden? Sie waren da selbst sehr ambivalent: Europäisches Haus als Interessensgemeinschaft und dann wieder europäisches Haus als wertekonservative Gemeinschaft, die von Russland als 4. Rom beglückt werden solle. Wie sollte dies denn realisiert werden, wenn nicht über regime change im Westen, weswegen auch Putin dem Front National 40 Millionen Euro überwies, hoffte, dass Le Pen drankommt und die EU und NATO zerstört. Selbes dann mit Lawrow, als er die AFD im Kreml offiziell willkommen hiess? Dr. Kurtonow von RIAC dachte ja noch so eine Art gegenseitiges No-regime-change- Abkommen, auch Richtung Nawalny an, aber all das blieb Makulatur? Liegt da nicht ein systematisches Konflikt drinnen, das 4. Rom nach Westeuropa und Europa zu bringen und sich dabei noch Sympathien und logischerweise nicht Feindlichkeit zu erwarten? Hat da die Liberale Moderne nicht recht, wenn sie so diesen Kulturkmapf über Interessensausgleich geführt haben, dass es um einen Systemkonflikt geht?

Alexander Rahr: Sie überschätzen meine Rolle. Ich war nie Politiker, ich bin ein einfacher Wissenschaftler, ein Zeithistoriker, wenn Sie wollen, der Geschichte erklärt und nicht selber macht. Ich habe Russland professionell studiert, die Idee des 3. Roms ist ein zentraler Bestandteil russischer Geschichte. Um Russland und seine Menschen zu verstehen, ist eine Beschäftigung mit dem russischen Byzantinismus, Panslawismus, Eurasismus nicht der falscheste Weg. Den jetzt ausgebrochenen Ultranationalismus in Russland habe ich – Hand aufs Herz – nicht kommen sehen. Ich weiss nicht, wie er so ausbrechen konnte. Ich verstehe nicht, wie Russland sich aus Europa verabschieden kann. Ich wünsche mir, dass das noch zu stoppen ist. Aber ja – ich glaube an ein Europa mit gemeinsamen abendländisch-christlichen Wurzeln, das bedeutet nicht, dass ich nicht auch für ein Europa des Humanismus, der Aufklärung und des Umweltschutzes bin. Ich bin in Deutschland sozialisiert worden. Meine Kritiker sollten sich bezüglich einiger Aussagen wirklich schämen. Diejenigen, die mir eine feindliche Gesinnung anhängen wollen, verweise ich auf meine unzähligen Schriften. Allerdings bin ich kein sturer Anhänger einer rein wertebasierten Politik. Ich bitte das zu akzeptieren. Ich habs gerne mit der Realismus-Theorie. Wir werden künftig in einer multipolaren Welt leben, wo der liberale europäische Gedanke sich mit dem Wertekonservatismus, dem Islam anderer Staaten, sowie dem chinesischen Neokonfuzianismus in einer Interessensgemeinschaft etablieren wird müssen. Ich bin bereit, darüber zu forschen und aufzuklären.

Global Review: Kritiker unseres Interviews verweisen auf 3 Tatsachen. Erstens die sogenannte Friedensrede von Putin im Bundestag 2001, in der er nicht nur ein eurasisches Wirtschaftsbündnis, sondern auch ein eurasisches Militärbündnis unter russischer Führung ausserhalb der NATO befürwortete. Zweitens, die Idee, dass ganz Europa auf ein 4. Wertkonservatives Rom aus Moskau warten würde, dass auch kulturelle Hegemonie und eigentliche Normalität in nach Europa bringen würde. Zum dritten, dass dies in einer multipolaren Welt unter dem Bündnis China. Russland zu erflogen habe, also Europa ein antiamerikanischer Satrap und nach der Zerstörung der EU und NASTO in einen untergeordneten Flickenteppich. Haben Se dieses Ziel befürwortet und haben Sie es jemals für so realsitisch befunden, wie Putin, der dachte, er würde in der Ukraine wie es die USA im Irak hofften als Befreier begrüsst?

Alexander Rahr: Ich weiss nicht, was Sie aus der Putin-Rede im Bundestag da herausgelesen haben. Diese Thesen, auf die Sie verweisen, sind dort nicht gefallen. Ich habe sie jedenfalls nicht gehört. Putin wollte 2001 den Kalten Krieg beenden und Russland in einem gemeinsamen Sicherheitsraum mit Europa (nicht mit den USA, aber auch nicht gegen die USA) verankern. Nach 9/11 bot er den Amerikanern die Internationale Anti-Terrorallianz an. Die USA und Russland arbeiteten zunächst Hand in Hand in Afghanistan gegen El Kaida. Ich habe mal die US-Diplomatin Newland danach gefragt, sie sagte, das sei alles geheim. Es stimmt, dass Putin sich als russische Grossmacht und nicht als US Juniorpartner mit dem Westen integrieren wollte. Russland gehöre ins europäische Konzert der Mächte, sagte er – NATO und EU hin oder her. Er wollte immer ein besonderes Verhältnis zu Deutschland (Rapallo) aufbauen. Doch aus all diesen Plänen wurde nichts, sie waren von vorne hinein unrealistisch. Aber wir im Westen hätten nicht stur auf die NATO Osterweiterung setzen dürfen, sondern – vielleicht über die Schaffung eines OSZE Sicherheitsrates – mit Moskau an einer Friedensordnung für Europa basteln müssen. Ich stimme Ihnen zu, dass Putin sich in der Ukraine völlig geirrt hat. Welcher Berater hat ihm eingetrichtert, russische Invasionstruppen würden in der Ukraine von der Bevölkerung als Befreier von einem Nazi-Regime begrüsst werden? Ich würde gerne mal später herausfinden wollen, auf welcher Grundlage Putin seine Entscheidung am 23.2.22 getroffen hat. 

Global Review: Welche Kontakte haben Sie eigentlich noch zu Russland und zu anderen Seiten, etwa der ukrainischen? In ersten Rekationen auf unser Interview, wird kritisiert, dass sie von einer „Mitschuld des Westns“ sprechen Putins Vorriegsultimatum, in dem er den unanehmbaren Rollback der NATO vor 1997 forderte, wegliesen, es faktisch nie eine reale Minsker Lösung gegeben hätte, Sie den Krieg algemein, aber nicht mit vor allem russischer Kriegsschuld bedauert hätten. Auch kam; „ Rahr hat selbts Blut an den Hnden, warum lasst ihr ihn sprechen?““Rahr ist nicht nur ein Putinversteher, sndern ein Sprachrohr Putins- auch nach Kriegsbeginn“? Nun was sind Sie?

Alexander Rahr: Es gibt momentan kaum Kontakte meinerseits nach Russland. Ukrainer trifft man dagegen in Berlin allerorts. Ihre werten Leser erfragten meine Meinung zum Krieg. Ich will ihnen nichts vorenthalten. Ich bin strikt gegen diesen Krieg und finde ihn abscheulich. Eine Mitschuld des Westens am Krieg gibt es trotzdem. Man hätte ein klares Moratorium für die NATO Erweiterung auf die Ukraine und Georgien bis 2041 (50 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion) verkünden müssen, das Minsker Abkommen durchsetzen – durch eine Autonomieregelung für den Donbas und die Aufstellung einer internationalen Friedenstruppe (vielleicht von Deutschland angeführt) entlang der Kampffront in der Ostukraine sowie Abrüstungsgesprächen im Rahmen der OSZE. Die Forderung Putins nach einem NATO-Rollback auf die Positionen von 1997 hätten wir im Westen zu Verhandlungen nutzen können. In der Tat existierte vor dem 24.2.22 noch die NATO-Russland-Akte. Sie war doch nicht tot. Russlands Forderungen nach Rückzug der NATO Militärinfrastruktur aus dem Baltikum und Polen hätte der Westen mit diplomatischem Geschick mit der Krim-Frage und einer Entmilitarisierung Kaliningrads begegnen sollen. Die Anschuldigungen, ich sei ein Putin-Agent und hätte Blut an den Händen weise ich mit aller Entschiedenheit entrüstet zurück und bitte die Kritiker ihren Intellekt zu gebrauchen. Sie müssen ja nur lesen, was ich in all den Jahren publiziert habe und nicht auf meine Wikipedia Biographie schauen, die von anonymen Schmierfinken propagandistisch entstellt worden ist. 

Global Review: Desweiteren wurde kritisiert, dass es sehr wohl möglich ist, dass Putin gestürzt wird, dass Sie kein Bürgerkriegsszenario und Machtkampf sehen, dass Sie Putin damit als stärker behaupten als er ist, dass die russische Rüstungsindustrie an ihren Limits ist und die Sanktionen sehr wohl wirken- trotz asiatischen Ventilen, die das aber nicht wettmachen könnten.

Alexander Rahr: Wenn ich das aufsagen müsste, was die Kritiker in dieser Frage von mir verlangen, müsste ich gegen meine eigene zielgenaue Argumentation im ausgiebigen Interview mit Ihnen in Global Review verstossen. 

Global Review: Desweiteren wird kritisiert, Sie  Sie die Hauptschuld Putin- Russlands und seiner Eliten verschwiegen und wie sie zu den russischen Kriegsverbrechen und einem Tribunal stehen würden. Wer sollte angeklagt werden? Putin, die Eliten, nur niederrangige Sündenböcke? Umgekehrt ist auch die Rede davon, dass man Russland kein neues Versailes auferlegen will und selbst ein US-General wie Ben Hodges wünscht sich keinen neuen Iron Curtain.  Ist ein Putin vor Den Haag wie Milosevic denkbar? Oder sollte er von den Russen verurteilt werden? Würden diese dies überhaupt machen oder ihn nicht eher ins Exil oder auf eine russische Datscha schicken? Sollte das die Forderung für einen Frieden sein?

Alexander Rahr: Soweit ich die internationale Rechtslage verstehe, muss ein internationales Kriegstribunal heute von der internationalen Gemeinschaft ausgerufen werden. Also nicht nur vom Westen allein, sondern auch von China und Indien. Zweitens müssen die Kriegsverbrechen als solche genauestens und lückenlos untersucht werden. Es dürfen nur Fakten eine Rolle beim Tribunal spielen, keine Fake news. Die Kriegsverbrechen in der Ukraine müssen von einer internationalen Beobachtergruppe akribisch unter die Lupe genommen werden, egal wieviel Zeit dafür in Anspruch genommen wird, und unter den Untersuchenden müssen Juristen nicht-westlicher Länder vertreten sein. Ohne dem geht hier gar nichts. Ich Grunde genommen, sehe ich nicht, dass Russland das Schicksal Nazi-Deutschlands von 1945 ereilen wird. Wer soll denn Moskau einnehmen und den Kreml besetzen? Sie fragen nach dem Bürgerkriegsszenarium. Offensichtlich haben die Kritiker wieder meine Bücher nicht gelesen. Im Sachbuch „Der Kalte Freund“ wird nämlich genau dieses Szenarium von mir ausführlich geschildert.  

Global Review:  Ist Putin das Problem oder nicht die gesamte russische Elite samt indoktrinierter Bevölkerung? Wie kann man das ändern, wenn es keine US-Besatzung und Reeducation wie in Deutschland nach 1945 gibt? Muss man sich mit der alten Elite abgeben, die noch einingermassen unschuldig ist und versuchen diese durch eine Art Zuckerbrot und Knüppel zu moderieren? Kann man einem solchen neuen Russland überhaupt noch vertrauen oder muss nicht einen Eisernen Vorhang in Osteuropa ziehen- ein Europa ohne Russland oder nur noch mit selektiven Verbindungen zu Russland? Oder sollte der Westen bei einer Niederlage fordern, dass Nawalny oder Khodorkowsky die Regierung übernimmt und die Silowiki und anderen Elitemitglieder moderiert?

Alexander Rahr: Was mich an den Fragen Ihrer hochgeschätzten Leserschaft stört, ist ihr expliziter Charakter. Einerseits freue ich mich natürlich darauf, dass mein Interview so viel Aufmerksamkeit erhalten hat. Damit habe ich nicht gerechnet. Andererseits gehen die Kritiker davon aus, dass Russland den Krieg verlieren muss und nicht anders kann, als ihn zu verlieren. Das ist der typische Triumphalismus westlicher Eliten der Ära des Endes der Geschichte. Ich sehe hier ganz andere Szenarien als Möglichkeit an, dabei betone ich nochmals: ich rede nicht als Agitator, als Putin-Propagandist oder sonst wer. Ich antworte auf Ihre Fragen gemäss meinem wissenschaftlichen Kenntnisstand. Ich bitte mich so zu akzeptieren. Und ich bin auch kein Nostradamus, ich kenne die Zukunft nicht. Ich berichte, was ich sehe und sage: in Russland ist von einem Regime change nichts zu spüren. Putin sitzt noch fest im Sattel. Vom Westen her wird Russland niemals verändert werden können, wohl aber von innen. Das wird aber Zeit brauchen; eine neue Politikergeneration ist aber schon auf dem Vormarsch. Ob Putin nach 2024 weitermacht hängt von seinem Erfolg bzw. Misserfolg in der Ukraine ab. 

Global Review: Wenn man an einen Waffenstillstand und eine  Korealösung glaubt, welche Sicherheitsgarantien bräuchte man? Sollte die Restukraine Mitglied der NATO werden, sollte es nicht eine neue Budapester oder Taiwan Relation Act-garantie sondern eine Sicherheitsgarantie wie in Japan geben und mit US- Militärbasis oder wie General Domröse jr. vorschlägt , eine Israellösung—man macht mal Manöver, ansonsten nicht und verspricht auch einzugreifen im Ernstfall (aber Israel ist eine Atommacht) , aber keine ständige Präsenz. Würde das die Ukrainer akzeptieren? Wie würde dies seitens Russland wahrgenommen, dass ja eine NATO- Mitgliedschaft als Kriegsgrund behauptete und dann die gesamte Denazifizierung der Ukraine abstrebte .Wie würde sich das auf die NATO-Russland- Grundakte auswirken? Ein neuer Eiserner Vorhang mit NATO- und US- Truppen an der russischen Grenze vielleicht auch mit nuklearen Raketen und erweitert um Finnland und Schweden. Wäre es das, was Putin oder jeder Nachfolger wollte, als er den Rollback der NATO vor die Grenzen vor 1997 ultimativ und unannehmbar forderte? Wie stellen Sie sich ein neues Europa mit Russland und ohne Eisernen Vorhang vor? Wie könnte dies aussehen?

Alexander Rahr: Interessante Fragen. Ich sehe, die werten Leser haben sich gedanklich Mühe gemacht. Ich glaube, die Ukraine wird schneller NATO- und EU-Mitglied, als Skeptiker das glauben. Allerdings wird die Ukraine wirtschaftlich nur als Protektorat des Westens überleben. Eine 100% Sicherheitsgarantie für die Ukraine wäre nur der Artikel V der NATO. Gleichwohl glaube ich nicht, dass die Ukraine die russischen Truppen auf die Positionen von 1991 zurückdrängen kann. Ich denke, zunächst muss eine Waffenruhe kommen, um das fürchterliche Sterben der Soldaten und Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu beenden. Dann wird der Westen sich anschauen, wie die Sanktionen auf Russland gewirkt haben. Erfüllten sie ihren Zweck, oder konnten sie Russland nichts anhaben? Ich höre da nur auf Experten. Drittens kann der Plan von Elon Musk zur Geltung kommen. Wer vergessen hat, was gemeint ist, sollte sich mein eigentliches Interview mit Global Review zu Gemüte führen. Ich wünsche den Lesern von Global Review einen guten Rutsch ins neue Jahr. 

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