Der Arabische Frühling, Massenproteste im Iran und ihre Ausläufer am Münchner Marienplatz und in Buchpreisen

Der Arabische Frühling, Massenproteste im Iran und ihre Ausläufer am Münchner Marienplatz und in Buchpreisen

Es sieht so aus, dass die Massenproteste im Iran zum Erliegen gekommen sind. Ob vorerst oder ganz oder sie vielleicht wieder in einigen Jahren wieder aufleben werden, ist unklar. Man hört nichts mehr, nicht einmal auf den Seiten der iranischen Opposition, sei es Iran International oder anderen Mediaoutlets .In Deutschland ist zum Iran auch nichts mehr in den Medien. Zuletzt noch der SA-Irandeal unter chinesischer Vermittlung, der eher als Sieg Chinas und des Irans über den Westen gesehen wurde, wenn man noch was von Massenprotesten im Nahen Osten hörte, dann wäre es die Massenproteste in Israel, aber man scheint die Bewegung (vorerst) abgeschrieben zu haben. Richteten sie sich diesmal gegen die Diktatur selbst und hatten keine Illusion mehr in einen Reformislam wie noch bei der sogenannten grünen Revolution der Reformullahs, so scheint es dem iranischen Regime wieder gelungen zu sein, die Bewegung zu unterdrücken und zu spalten, auch wenn die Exilopposition sich nun auf ein gemeinsames Programm einigte. Auch in Deutschland ist der kurz aufflammende Iranfrauenhype nun eingeschlafen. Von Baerbock und feministischer Außenpolitik hört man nichts mehr.  Zuletzt war Iran noch das Motto des Berliner Presseballs ,aber genauso schnell wieder vergessen .Golineh Atai hat hetzt ein Buch geschrieben, das zum Jahrestag der Bücherverbrennungen mit einem Preis ausgezeichnet wurde, aber nur in der taz einen Artikel wert ist.

„Preis für Journalistin Golineh Atai: Freiheit in Iran ist weiblich

Aktueller könnte Golineh Atais Buch „Iran. Die Freiheit ist weiblich“ kaum sein. Nun wurde es als „Das Politische Buch“ des Jahres ausgezeichnet.

„Die Freiheit der Frauen ist die Freiheit der Gesellschaft“, skandierten Frauen schon 1979 auf den Straßen Teherans. Im September 2022 haben diese Proteste mit dem Claim „Frauen. Leben. Freiheit.“ einen neuen Höhepunkt erreicht.

Aktueller könnte das 2021 erschienene Buch „Iran. Die Freiheit ist weiblich“ der Autorin und Journalistin Golineh Atai deshalb nicht sein, in dem sie den langjährigen Widerstand der mutigen Iranerinnen gegen das Regime nachzeichnet. Am Mittwoch wurde Atai dafür nun mit dem Preis „Das Politische Buch 2023“ der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgezeichnet.

Über den Körper der Frau kontrolliert das Mullahregime die Gesellschaft

Hell ist die Französische Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin am Mittwoch erleuchtet. Es ist ein besonderer Tag zum „Feiern der Freiheit des Wortes“, sagt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) in ihrer Festrede. Denn auf den Tag genau vor 90 Jahren fand die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten unweit von hier statt. Über 20.000 Bücher politisch unliebsamer, vor allem jüdischer Intellektueller wurden verbrannt, wie zuvor Bas’ Parteikollege Martin Schulz, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Grußwort erinnert.

Iran als Kind verlassen und doch nie losgelassen

Golineh Atai selbst flüchtete 1980 als Fünfjährige mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland, doch „der Iran wollte mich nicht verlassen, auch wenn ich den Iran verlassen habe“. Heute ist die 48-jährige Autorin und langjährige TV-Journalistin weiterhin in der Region tätig, seit Januar 2022 leitet sie das ZDF-Studio in Kairo. Neun Frauen und ihren ganz unterschiedlichen Kampf für ihre Freiheit porträtiert Atai in dem 300-seitigen Buch.

Ihre Recherche, von der Jury als „großartiges Buch über die Kraft des weiblichen Widerstandes gegen bestehende Ordnungen“ gelobt, bringt historische Entwicklungen zusammen mit individuellen Erfahrungen iranischer Frauen. Sie zeigt, wie das Mullahregime seit 1979 über den Körper der Frau die Gesellschaft kontrolliert und wie sich das in Gesetzen zum Scheidungsrecht oder der Blutrache ausdrückt.

Gleichzeitig ist es ein sehr persönliches Buch, für das Atai auf das Vertrauen der Frauen angewiesen war, die sie porträtierte. Diesen Frauen und allen anonymen Bürgerinnen, die ihr Leben für ihre Freiheit riskieren, widmete die sichtlich gerührte Atai den Preis.

https://taz.de/Preis-fuer-Journalistin-Golineh-Atai/!5933944/

Man ist also wieder dazu übergegangen, sich in der selbstverliebten und selbstreferentiellen Berliner Medien- und Politikerblase gegenseitig mit Preisen auszuzeichnen und ein bisschen promipromotenden Gut-Menschenwerbung zu machen, denn wer ist schon gegen Frauen und würde da widersprechen. Liegt ja voll im Trend und ist Mainstream. Ei Buh und dann nach Lektüre ins Regal und das war es dann.

Golineh Atai berichtete ja schon während des Arabischen Frühlings, wobei sie einen ziemlichen Scheiß damals erzählte. Es gebe einen sozialen und einen religiösen Flügel, einen gerontokratischen und jungen, modernen Flügel  der Muslimbruderschaft und auch eine emanzipatorische  Frauenbewegung der Muslimbrüder. Ach, hätte sie doch nur Hamed Abdel Samad gefragt, der selbst mal Muslimbruder war und daher die hidden agenda, Strukturen und die taktischen Täuschungsmanöver der Islamisten aus eigener Erfahrung kennt. Das ist genauso, als würde man sagen, dass die SA Suppenküchen hatte und daher eine karitative Organisation wäre. Nun gut, scheinbar fällt sie auf diese Masche als iranischstämmige Frau angesichts der weiblichen Massenproteste nicht mehr rein, wie die postmodernen, postkolonialistischen Genderfeminist*innen, für die Kopftuch, Burkini und Hijab ja als emanzipatorischer Ausdruck von Widerstand gegen Imperialismus, Kolonialismus und Frauenunterdrückung als Sexobjekt des Patriachats gelten und galten, wenngleich diese neuen Feministinnen da doch gegenüber traditionellen Feministinnen und angesichts der Frauenproteste im Iran, die diese als Symbole der Frauenunterdrückung richtig einschätzen, nun etwas in Erklärungsnot geraten sind.

Hier noch unser Artikel von 2011 „Wider die Verharmlosung der Muslimbruderschaft“ ,die damals so populär war von westlicher Seite und auch bei Golineh Atai, wie auch schon die damaligen Illusionen Ennadah von Gannouchi und die AKP von Erdogan seien so eine Art muslimische CDU, die die erste islamische Demokratie bringen werde. Viele ließen sich da auch noch mit Vergleichen zur Theokratie des Irans blenden zumal auch der große Weltenerklärer Scholl-Latour auch rumfaselte, dass der Iran Wahlen und daher liberal sei und sich auch immer damit brüstete für Khomeini damals die neue iranische Verfassung mit dem Flugzeug ins Land gebracht zu haben. Der Mann kannte sich also scheinbar  aus. Hannebüchend, was für ein Mist damals Mainstream bis in die Grünen hinein war und eben auch im Falle der AKP und der Muslimbrüder bei Golineh Atai, aber sie stand damit wahrlich nicht allein und berichtete stromlinienförmig im damaligen Mainstream:

„Wider die Verharmlosung der Muslimbruderschaft

1. März 2011 Ralf Ostner

Es ist seit den arabischen bürgerlich-demokratischen Revolutionen in Nordafrika in Mode gekommen, die Muslimbruderschaft zu verharmlosen. So etwa in dem Beitrag in Foreign Affairs:

“The Muslim Brotherhood After Mubarak

What the Brotherhood Is and How it Will Shape the Future

CARRIE ROSEFSKY WICKHAM is Associate Professor of Political Science at Emory University [1].

With the end of the Mubarak era looming on the horizon, speculation has turned to whether the Muslim Brotherhood will dominate the new Egyptian political landscape. As the largest, most popular, and most effective opposition group in Egypt, it will undoubtedly seek a role in creating a new government, but the consequences of this are uncertain. Those who emphasize the risk of „Islamic tyranny“ aptly note that the Muslim Brotherhood originated as an anti-system group dedicated to the establishment of sharia rule; committed acts of violence against its opponents in the pre-1952 era; and continues to use anti-Western, anti-Zionist, and anti-Semitic rhetoric. But portraying the Brotherhood as eager and able to seize power and impose its version of sharia on an unwilling citizenry is a caricature that exaggerates certain features of the Brotherhood while ignoring others, and underestimates the extent to which the group has changed over time.

http://www.foreignaffairs.com/articles/67348/carrie-rosefsky-wickham/the-muslim-brotherhood-after-mubarak

Im wesentlichen wird derfolgt argumentiert: Die Muslimbruderschaft sei zwischen einem alten gerontokratischen und jungen modernistischen Flügel gespalten. Golineh Atai erklärte bei Anne Will im ARD gar, in der Muslimbruderschaft gebe es einen jungen und alten Flügel und  eine eigene Art Frauenbewegung. Deutsche Orientalisten sehen mehrheitlich in der Muslimbruderschaft gar eine neue AKP, die Ägypten modernisieren werde. Und dann wird auch noch unterschieden: Es gäbe einen karitativen Flügel der Muslimbruderschaft, der den mangelnden Sozialstaat in Ägypten ersetze und nur den wohlfahrtlichen Zielen verpflichtet sei, während ein kleiner Teil davon separat ein noch  antisemitischer, islamistischer Restverband sei, den man zu negieren habe. Desweiteren wird darauf hingewiesen, dass die Muslimbruderschaft keinen Gottesstaat mehr wolle und sich ganz legalistisch in das Parteienspektrum eingebracht habe: “Realpolitik unter islamischen Vorzeichen“ sei zu erwarten (Verfassungsschutzbericht NRW 2006). Desweiteren wird argumentiert, dass die Muslimbruderschaft noch keine Partei mit eigenem Programm und eigenem Führer sei, sich also noch aufspalten und moderieren werde.

Es ist richtig, dass die Muslimbruderschaft momentan noch keinen auserkorenen Führer und ein Parteiprogramm hat. Aber das wird kommen UND: Ihre Mindestforderung wird die Scharia und ein Staat gemäß der Scharia werden. Hassan El- Banna hat das Programm hierfür geschrieben und davon weicht die Muslimbruderschaft auch bis heute nicht ab. Dass die Muslimbruderschaft keine Theokratie und Gottesstaat fordert, hängt damit zusammen, dass sie selbst kaum nennenswerte Theologen auf ihrer Seite hat, geschweige denn einen ägyptischen Khomeini. Das bedeutet aber nicht, dass die Muslimbruderschaft nicht einen islamistischen Staat fordern würde. Dass die Muslimbruderschaft karitative Institutionen unterhält, ist richtig, aber es wäre genauso zu sagen: Die NSDAP hatte eine SA und die SA hatte Suppenküchen und deswegen wäre die SA die dominante Richtung und nur eine sozialkaritative Organisation gewesen. Wohlfahrtsinstitutionen aufzubauen,um einen Staat im Staate zu etablieren und zur Rekrutierung von Anhängern zu nutzen, die den säkularen Staat unterminieren und stürzen wollen, ist der eigentliche Zweck, nicht Humanität.Da werden Zweck und Mittel ein wenig verwechselt. Die sogenannte Frauenbewegung der Muslimbruderschaft fordert ebenso nur Gleichberechtigung unter der Scharia—ist also keine Frauenemanzipationsbewegung, sondern auf die Unterwerfung der Frau unter den Mann angelegt. Die Muslimbruderschaft wie die tunesische Muslimbruderschaftspartei Ennadha als muslimische CDU zu erklären, übersieht, dass es eben schon eine Abspaltung von der Muslimbruderschaft in dieser Richtung gibt: : die Wasat-Partei.Und auch die AKP von Erdogan will keine islamische Demokratie wie uns dies islamophile Spinner von SPD, Grünen oder US-Demokraten einreden wollen, sondern eine islamistische Diktatur, wenngleich nicht ala Iran als Theokratie, sondern mittels einer Massenpartei, die eine Präsidialdiktatur will, ganz demokratisch gewählt und mit den dann auch definitiv letzten Wahlen. (http://arabist.net/post-islamist-rumblings-in-egypt-the-emergence-of-the-wasat-party/Siehe schriftliche Version:Post-Islamist rumblings in Egypt: the emergence of the Wasat party.Source: The Middle East Journal, Summer 2002 v56 i3 p415(18).).

Diese hat sich gerade aus der Unveränderbarkeit und Unbelehrbarkeit der Muslimbruderschaft –trotz ihres angeblichen Flügels an Jungreformern–abgespalten, weil sie eben weiß, dass die Muslimbruderschaft eine islamistische Vereinigung ist, für die der legalistische Weg nur der Kurs Hitlers nach seinem gescheiterten Putsch an der Feldherrenhalle 1923 ist: In die Parlamente gehen und sich legal erscheinen zu lassen, aber eben nichts an ihrem radikal-islamischen Programm abzuschreiben.

D.h.: Die Muslimbruderschaft wird die größte ernstzunehmende anitsäkulare und antiwestliche Organisation sein in Post-Mubarak-Ägypten. Sie zu isolieren, zu spalten und zu bekämpfen, wird die größte Herausforderung für die säkularen Kräfte in Ägypten sein. Dies wird nur in Kooperation mit dem ägyptischen Militär und unter Auflage von Sozialprogrammen gehen, die den Muslimbrüder ihren direkten Zugriff zu den armen Schichten in Ägypten verwehrt. Ob dies aber geschehen wird, bleibt fraglich. Denn neue Mittelschichten sind meist gefühlsarm gegenüber unteren Schichten. Aber eine Art Bismarck: Islamistenbekämpfung bei Sozialgesetzgebung wäre für Ägypten eine wichtige Sache. Momentan ist die Muslimbruderschaft noch in der Defensive, möchte angeblich nicht einmal einen eigenen Präsidentschaftskandidaten stellen, aber sie wird die Zeit der nächsten 5 Jahre nutzen, um sich für die kommende Offensive vorzubereiten.“

Unser Manifest des linken Counterjihads wurde dementsprechend als islamophob und AfD- affin denunziert seitens der grünen, liberalen und konservativen Orientalisten.

Zufällig kamen wir diese Woche noch mit den letzten Ausläufern des Arabischen Frühlings in Kontakt. Ich war am Dienstag mit einem amerikanischen Freund auf einer Kneipensause in München. Zuletzt waren wir noch im Glockenspielcafe am Marienplatz und lernten ein junges tunesische Paar kennen. Er sprach perfekt Deutsch, sie perfekt Englisch und sie hieß Nur-das Licht. Ich kenne auch eine Nur-Partei in Ägypten, aber das sind wahabistische Salafisten, die von Saudiarabien unterstützt wurden. Sie das glatte Gegenteil, jung, modern, säkular und prowestlich und Nur ist eben nur ein Name im arabischen Raum wie eben Ali oder Muhammed. .Wir kamen natürlich auf den Arabischen Frühling zu sprechen und die Lage in Tunesien. Den Arabischen Frühling sahen sie als Desaster, vor allem Syrien und Libyen und Nur meinte, es sei besser gewesen falls Ghaddafi geblieben wäre als der jetzige Zustand, wie es auch gut gewesen sei, dass Al Sissi die Muslimbrüder wegputschte. Als ich sie darauf ansprach, dass Tunesien da die einzige erfolgreiche demokratische Ausnahme sei und Präsident Saed jetzt eine autoritäre Diktatur errichten  wolle, meinten sie, das stimme schon, aber die Demokratiebewegung sei zu schwach und sie hätten keine Lust auf weitere Unruhen oder gar eine Machtergreifung der Muslimbrüder. Die wirtschaftliche Lage sei so desolat, die Jugendarbeitslosigkeit so verbreitet, der Tourismus durch IS-Anschläge und Coronakrise so am Boden, dass man nun erst mal vor allem Stabilität wünsche. Was später komme, werde man sehen. Auch müsse man erst mal reflektieren, was der Arabische Frühling nun eigentlich  genau gewesen sei, zumal seine Dynamik alle mitriß und überraschte, dass ein Nachdenken oder eine Rationalisierung gar nicht möglich gewesen sei, man müsste auch analysieren, welche Fehler die Demokratiebewegungen gemacht hätte und erst mal eine Lernphase einlegen, zumal Stabilität primär wichtig sei. Nun ist es durchaus möglich, dass Sead wie Erdogan anfangs wie die meisten Dikatoren einige Anfangserfolge haben, oft vor allem im Infrastrukturbereich,  die sie auch beliebt machen, man vergesse nicht Hitlers Autobahnen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wobei sie dann mit zunehmender Machtfülle, Korruption und Mißwirtschaft dann oft schnell wieder an Glanz verlieren oder sich in außenpolitische Abenteuer oder zunehmende Repression angesichts dann wieder aufflammender sozialer Unzufriedenheit und Proteste .Doch vorerst scheint eher die Stimmung, dass man nach Irakkrieg und seinen Verwüstungen, Islamischen Staat, Islamismus, Corona- und Wirtschaftskrise durch den Ukrainekrieg, die auch die eigene Mißwirtschaft verdeckt vorerst auf Stabilität, denn auf Freiheit setzt. Wobei China eben auch den Vorteil hat, in autoritären Regime wie sich da einen geeigneten Partner und auch jene Stabilität zu sehen, die Investitionen und ihr Wirtschaftsentwicklungsprojekt einer Neuen Seidenstraße befördert und auch im Global South seine Anhänger hat.

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