Spaltungstendenzen in der AfD und Petrys Moskaubesuch

Spaltungstendenzen in der AfD und Petrys Moskaubesuch

Nach dem Schulzeffekt und dem Abebben der Flüchtlingsströme hat die AfD nun kräftig Protestwähler verloren, liegt momentan bei 9% und es kommt zu erheblichen Spaltungstendenzen innerhalb der Partei. Das Problem der AfD ist der kleinste gemeinsame Nenner. Zu Luckes Zeiten war es die Euro-Krise. Als die im Tagesgeschäft immer unbedeutender wurde, kamen die Rechtskonservativen mit ihrer Forderung nach deutlich härterer Gangart gegen Ausländer. Das wollten die Rechtsliberalen aber nicht. Die Folge war die erste Spaltung. Der nächste kleinste gemeinsame Nenner waren die Flüchtlinge. Nachdem sich das alles stark beruhigt hat, wollen die Völkischen um Höcke, Poggenburg, Gauland, u.a. nun die gesellschaftliche Revolution, das wollen die Rechtskonservativen aber nicht.

„Wo es sonst noch bei der AfD knirscht:

  • Längst tobt in der Bundesspitze ein offener Machtkampf zwischen Petrys Leuten und dem völkisch-rassistischen Flügel um Poggenburg, Höcke und Alexander Gauland. Dabei geht es vor allem um den Umgang mit Extremisten – Gauland & Co. pflegen gute Kontakte zu den „Identitären“ und Hetzern wie dem rechten Netzwerker Götz Kubitschek.
  • In Baden-Württemberg hatte die AfD-Fraktion sich über den Umgang mit dem Antisemiten Wolfgang Gedeon spektakulär zerlegt. Nun hat man sich mühsam zusammengerauft, doch schon gibt’s neuen Ärger: Der Abgeordnete Stefan Räpple will eine AfD-Erklärung zur Abgrenzung von Antisemiten nicht unterschreiben, prügelte auf einen Fraktionskollegen ein.
  • Im Saarland unterlag Petry im Machtkampf mit Gauland & Co: Es ging um die Auflösung des Landesverbandes wegen enger Kontakte zu Neonazis. Der Landesverband darf weitermachen.
  • In Brandenburg geht es um den Vorwurf der sexuellen Belästigung Minderjähriger durch Landesvize Andreas Kalbitz. Kalbitz pflegt auch gute Kontakte zu rechtsextremen Vereinen.
  • In Sachsen-Anhalt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vergewaltigung gegen den AfD-Abgeordneten Matthias Büttner. Der Fraktion droht im Streit um diesen Sex-Skandal die Spaltung.
  • Niedersachsens AfD zerlegt sich im Streit um Landeschef Armin-Paul Hampel. Ihm werden Kontakte zu rechtsextremen Clubs vorgehalten, führende AfD-Leute traten von ihren Ämtern zurück.
  • In Schleswig-Holstein zogen AfD-Politiker nach einem Chaos-Parteitag im Januar vor Gericht. Sie sprechen von „mafiaähnlichen Strukturen“ und schmutzigen Tricks bei der Kandidatenaufstellung.
  • In Nordrhein-Westfalen hat sich Petry-Gatte Marcus Pretzell in einen extrem üblen Machtkampf mit seinem Vize Martin Renner verzettelt. Ein Abwahl-Antrag gegen Renner scheiterte jedoch beim Landesparteitag im Januar – im größten Landesverband herrscht Kriegszustand.“
Dem nicht genug, brodelt es auch in der bayerischen AfD:

„Nürnberg –Hitler-Skandal in der AfD!

Die Nürnberger Bundestagskandidatin Elena Roon hat in einer Chatgruppe der Partei ein Hitler-Bild verbreitet.Über dem Konterfei des NS-Diktators stand: „Vermisst seit 1945“, und darunter: „Adolf, bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich! Das Deutsche Volk!“. (…) AfD-Landesschef Petr Bystron bestätigte den Vorfall am Montag und sagte weiter: „Wir nehmen das ernst.“ Der Landesvorstand habe sofort eine Untersuchungsgruppe einberufen, welche die Hintergründe aufklären solle.

„Wenn parteischädigendes Verhalten dabei ist, wird es Konsequenzen haben“, sagte Bystron. Ersten Erkenntnissen nach seien die Vorwürfe aber „höchstwahrscheinlich haltlos“. Zuerst hatte der „Münchner Merkur“ darüber berichtet.

Roon wünscht sich Hitler „auf keinen Fall“ zurück

Roon, Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Nürnberg-Süd/Schwabach, hatte das Bild bereits im vergangenen Sommer geteilt. Dem „Merkur“ sagte sie, sie wünsche sich Adolf Hitler „auf keinen Fall“ zurück.

„Ich distanziere mich von Rechtsextremismus und Antisemitismus“, sagte Roon dem Blatt. Anhand des Bildes „den Eindruck erwecken zu wollen, ich würde den Inhalt der Banner gutheißen, würde die Wirklichkeit ins Gegenteil umkehren“, sagte Roon.

Dass der Vorfall jetzt bekannt wird, könnte mit Machtrangeleien der AfD in Nürnberg zusammenhängen.Erst im Dezember hatte sich Roons Kreisverband gegründet – gegen den Widerstand des bis dahin einzigen Verbandes in der Stadt, aber mit Rückendeckung von Bezirks- und Landesvorstand. Chef des anderen Nürnberger Kreisverbandes und ebenfalls Bundestagskandidat ist Martin Sichert.

http://www.express.de/news/politik-und-wirtschaft/-bitte-melde-dich—afd-politikerin-schockt-mit-hitler-bild-in-whatsapp-gruppe-25731680

Dem allem zu Trotze begibt sich nun Petry nach ihrem Treffen in Koblenz mit Le Pen, Geert Wilders und anderen rechtsradikalen Führern auf eine Reise nach Moskau, wo sie unter anderem den russischen Faschisten Schirinowski und den Antisemiten Tolstoj trifft, was für Verstimmung mit Gauland sorgt, der davon nicht informiert sein will und nun kritisiert, dass Höcke für solche Kontakte schon längst ausgeschlossen worden wäre–dies obwohl Gauland selbst Moskaureisen unternommen hatte und dabei den faschistischen Vordenker der Eurasienbewegung Alexander Dugin traf:
„Es wurden keine Fotos gemacht, Journalisten waren nicht zugelassen, und nicht einmal das russische Staatsfernsehen, das sonst gern ausländische Gäste zeigt, berichtete. Nur eine knappe Mitteilung der Duma machte am Montag ein Treffen des Vorsitzenden des Unterhauses, Wjatscheslaw Wolodin, mit einer Delegation der AfD bekannt. An der Spitze der Delegation, zu deren Besetzung sonst nichts mitgeteilt wurde, habe Frauke Petry gestanden, eine der Vorsitzenden der Partei. Die Delegation sei auf Einladung der Moskauer Stadtregierung gekommen. Es sei bei dem Treffen um die „Realisierung von Programmen zur Zusammenarbeit“ mit deutschen Bundesländern gegangen, daneben sei über „zwischenparteiliche Zusammenarbeit“ und die „Entwicklung von Kontakten der Jugendorganisationen“ gesprochen worden.Die AfD ist in zehn Landesparlamenten vertreten, Petry ist Fraktionsvorsitzende in Sachsen – und der Kreml forciert die Zusammenarbeit mit politischen Kräften, die, wie die AfD, gegen die EU und die gegen Russland im Ukraine-Krieg verhängten Sanktionen eintreten. Im vergangenen Jahr dementierte Markus Frohnmaier, der Vorsitzende der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“, einen Pressebericht, demzufolge eine Zusammenarbeit mit der „Jungen Garde“ der Machtpartei „Einiges Russland“ vereinbart worden sei. Wahr sei, dass man einander „kennenlernen“ wolle, sagte Frohnmaier seinerzeit. 

Dieses Wort gebrauchte nun auch Leonid Sluzkij, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, für das Moskauer Treffen mit der AfD-Delegation. Laut Mitteilung nahmen daran außer Wolodin und Sluzkij auch der stellvertretende Duma-Sprecher Pjotr Tolstoj, der Fraktionsvorsitzende der „Liberaldemokratischen Partei“, Wladimir Schirinowskij, und der Koordinator der parlamentarischen Zusammenarbeit mit Deutschland, Pawel Sawalnij, teil. Petrys Sprecher Oliver Lang äußerte sich am Dienstag ähnlich wie Sluzkij.

Es gibt etliche Kontakte der AfD nach RusslandDas Ziel der Reise sei gewesen, russische Politiker kennenzulernen. Es sei davon auszugehen, dass man sich in „normalem Abstand“ wieder treffen werde. Lang sagte, Schirinowskij habe zu den Abgeordneten gezählt, die vom russischen Parlament für das Treffen ausgewählt worden seien. Es habe mit ihm kein Einzeltreffen gegeben. Offenbar wurde Petry von dem AfD-Bundesvorstandsmitglied Julian Flak begleitet; am Montagabend waren sie wieder in Berlin.

Es gibt etliche Kontakte der AfD nach Russland. So ließen sich Petrys Lebensgefährte, der Europaabgeordnete Markus Pretzell, und Frohnmaier im April 2016 auf die besetzte Krim zu einer Konferenz einladen. Der brandenburgische AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland reiste Ende 2015 auf Kosten einer Stiftung des wegen seiner Rolle im Ukraine-Krieg mit EU-Sanktionen belegten Geschäftsmanns Konstantin Malofejew nach Sankt Petersburg, wo er unter anderem Duma-Abgeordnete und Alexander Dugin traf, einen neofaschistischen Ideologen, der dazu aufgerufen hat, Vertreter der „Kiewer Junta“ zu „töten, töten, töten“. Frohnmaier warb in der von Moskau unterhaltenen „Volksrepublik Donezk“ für „Selbstbestimmung“ und bezeichnete Russland gegenüber Malofejews Fernsehsender „Zargrad“ als Hort traditioneller Werte und „echtes, altes Europa“.

Die von der Duma angegebenen Gesprächspartner entsprechen den für solche Besuche üblichen Moskauer Gepflogenheiten. So wurde die Französin Marine Le Pen, Vorsitzende des rechtsextremen Front National, in Moskau von Sergej Naryschkin empfangen, Wolodins Vorgänger als Duma-Sprecher. Wolodin war seit 2011 bis Herbst vorigen Jahres Erster Stellvertretender Leiter der Präsidialadministration. Unter seiner Regie wurde etwa die Diffamierung missliebiger Vertreter der Zivilgesellschaft als „ausländische Agenten“ in Angriff genommen und die Repression verschärft.

Gespräch mit dem Urenkel Lew Tolstoj Die EU und die Vereinigten Staaten haben im Zuge der Annexion der Krim gegen Wolodin wie auch gegen Sluzkij Einreiseverbote und Kontosperren verhängt. Duma-Sprecher Wolodin ist unter den genannten Moskauer Politikern der bei weitem einflussreichste, aufgrund seiner Nähe zum Präsidenten, den er regelmäßig lobpreist („Gibt es Putin, gibt es Russland“).

Unter den übrigen Gesprächspartnern, welche die AfD-Delegation laut Duma traf, fallen besonders Schirinowskij und Tolstoj auf. Ersterer ist seit Jahrzehnten in Russlands Politik präsent, gilt auch darüber hinaus als Ahnherr rechtspopulistischer Parteien. Doch füllt er innerhalb des Kreml-Machtsystems längst nur die Rolle des radikalen Scheinoppositionellen aus. Gegen Schirinowskijs Auftritte, bei denen er regelmäßig den Einsatz von Nuklearwaffen gegen jeweilige Gegner fordert, erscheint Putin als Moderater.

Tolstoj, ein Urenkel des Schriftstellers Lew Tolstoj, ist ein früherer Moderator im Staatsfernsehen, der im Januar mit einer antisemitischen Äußerung auffiel: Er sagte, die Vorfahren derjenigen, die nun dagegen protestierten, die Petersburger Isaaks-Kathedrale der Russischen Orthodoxen Kirche zurückzugeben, seien im Revolutionsjahr 1917 aus dem Ansiedlungsrayon – einem Gebiet im Westen des Zarenreichs, auf das zwischen Ende des 18. und Anfang des 20. Jahrhunderts das Wohn- und Arbeitsrecht der jüdischen Bevölkerung im europäischen Teil Russlands beschränkt war – „mit Pistolen gesprungen“ und hätten „unsere Kirchen zerstört“. (…)

Gauland stellt Zusammenhang mit innerparteilichen Konflikten her Vor allem das Treffen mit Schirinowskij wird Petry auch nach ihrer Rückkehr noch beschäftigen. „Für die Aussagen, die Schirinowskij unterstellt werden, wäre Herr Höcke schon drei Mal aus der Partei ausgeschlossen worden“, sagte Gauland, der auch stellvertretender AfD-Bundesvorsitzende ist, der F.A.Z. – und stellt damit den Zusammenhang von Petrys Moskau-Reise zu den innerparteilichen Konflikten der AfD her.

Zum Einen: Petry hatte forciert, dass Höcke wegen parteischädigenden Verhaltens aus der AfD geschmissen wird. Höcke war nach seiner Rede vom 17. Januar in Dresden stark kritisiert worden, in der er von einem „Denkmal der Schande“ bezogen auf das Holocaust-Mahnmal gesprochen und eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert hatte. Vier der insgesamt 13 Bundesvorstandsmitglieder hatten gegen den Ausschluss gestimmt – darunter auch Gauland. Dass Petry Höcke loswerden will, sich aber mit dem Nationalisten Schirinowskij trifft, bestärkt ihre parteiinternen Kritiker.

Zum Anderen: Petry ist schon einmal für ihre Alleingänge von Mitgliedern des Bundesvorstands kritisiert worden. Auch damals ging es um eine Reise ins Ausland, als sie sich nämlich im Juni vergangenen Jahres mit dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache auf der Zugspitze getroffen hatte. Vor dem Gipfeltreffen kursierte damals in der Parteiführung ein Schreiben, in dem die Vorstandsmitglieder Georg Pazderski und Alice Weidel forderten, nicht abgestimmte „Einzelaktionen, die Eigenprofilierung einzelner zu Lasten des Bundesvorstandes und mangelnde Koordination und Information müssen unterbunden und abgestellt werden“. In der nächsten Bundesvorstandssitzung am Montag soll Petry zu ihrer Moskau-Reise befragt werden.“

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/frauke-petry-besucht-nationalisten-in-moskau-14889021.html

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