Wagenknecht und Lafontaine überlegen linke Volkspartei

Wagenknecht und Lafontaine überlegen linke Volkspartei

Die Polarisierung innerhalb der Linkspartei spitzt sich zu. Nachdem eine rot-rot-grüne Koalition schon arithmetisch, wie aber auch politisch wegen der Verbürgerlichung der Grünen und des Seeheimer Kreises der SPD ausfällt, die Linkspartei stimmenmäßig auch stagniert, überlegen sich nun Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine eine linke Volksbewegung oder eine neue linke Volkspartei zu gründen. Macron und Kurz soll auf der Linken kopiert werden, ja gar von einer „Liste Wagenknecht“ist die Rede.Wagenknecht und Lafontaine vertraten vor allem in der Flüchtlingsfrage einen restriktiveren Standpunkt als der Flügel um Kipping/Riexinger, die sich für offene Grenzen und gegen eine Beschränkung von Flüchtlingszahlen aussprachen. Ebenso betonen Wagenknecht mehr die soziale Frage und Arbeiterinteressen, denn Identitätspolitik und Minderheitenfragen. Sahra Wagenknecht und Lafontaine scheinen sich von einer neuen linken Volkspartei zu erhoffen, die SPD-Linke, die grüne Linke sowie zur AfD abgewanderte Linkswähler und Nichtwähler mobilisieren zu können, zumal die Hemmschwelle einer Parteimitgliedschaft zur bestehenden Linkspartei entfallen würde. Scheinbar scheint man personell zu hoffen, dass eine Sahra Wagenknecht charismatische Attraktivität ala Macron oder Kurz hätte, sowie es eine breite Linke gebe, dies sich sammeln lassen würde. Faktisch ist aber eher zu erwarten, dass dies mehr eine traditionelle Linke ansprechen würde, denn die in Flüchtlingsfragen für offene Grenzen eintretende Grüne Jugend, grünen Linken, JuSos oder gar SPD-Linken. Diese würde Sahra Wagenknecht aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik eher abschrecken. Desweiteren bliebe die Nähe zu autoritären Regimen wie Venezuala oder Putin, sowie die Forderung nach NATO-Austritt und Ablehnung von Militäreinsätzen aller Art, die außenpolitisch höchstens vom pazifistischen und antiamerkanischen Teil der Linken geteilt würde, also wiederum der Traditionslinken.Ebenso offen bleibt, ob eine derartige linke Volkspartei wirklich eine Sammlungsbewegung darstellen oder nicht eine endgültige Spaltung der Linken zementieren würde.In Österreich haben sich die Grünen mit der Liste Pilz gespalten, wobei abzuwarten bleibt, ob diese die erhoffte linke Sammlungsbewegung oder ob diese nicht auch marginalisiert wird und tendenziell eine weitere Schwächung der linken Kräfte bewirkt. Die Linke hat aber ein sehr viel grundsätzlicheres Problem: Der Bankrott des Kommunismus hat viel an Anziehungskraft für linke Bewegungen und Parteien gekostet, wurde auch nicht im Sinne einer linken Vergangenheitsbewältigung aufgearbeitet und selbst linke Vorbilder wie Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien sind auch nur bessere Krisenverwalter von Austeritätsprogrammen oder aber Bankrotteure wie der Sozialismus des 21. Jahrhunderts in Venezuela, der vor seinem Kollaps steht. Ebenso unvergessen ist die neoliberale Agenda von rot-grün, alsodie EWrfahrung, dass Linke ebenso ihre Wahlversprechen verraten können und ganz im Sinne des Kapitals handeln werden. Daran ändert auch eine rot-rot-grüne Regierung nichts, wie man am Beispiel Berlin und der Frage des Wohnungsbaus sehen kann, wie folgendes Beispiel zeigt:

Die Linkspartei versprach vor den Wahlen in Berlin einiges. Eine Entspannung des Wohnungsmarktes beispielsweise. Nun musste man zwar ziemlich blauäugig sein, um diesen Leuten etwas zu glauben, aber die Offenheit, mit der die Linken nach der Wahl jeden ernsthaften Anspruch an eine soziale Wohnungspolitik sausen lassen, beeindruckt dann doch.

Der Tagesspiegel schreibt:

In der Wohnungspolitik bringt die SPD die kleinen Koalitionspartner auf Kurs. Günstige Wohnungen in großem Umfang wird es nicht geben.

Und etwas ausführlicher:

Es geht für die Berliner eigentlich um ein ganz einfache Frage: Wann gibt es endlich wieder mehr bezahlbare Wohnungen in der Stadt?

Sobald wir an der Regierung sind, erklärten, zugespitzt, Linke und Grüne vor der Wahl. Dazu wollten sie Bauland nur an landeseigene oder gemeinnützige Firmen vergeben, weil die politisch auf niedrigere Mieten verpflichtet werden können. Deren Bestand an Wohnungen sollte schneller ansteigen. Es sollten mehr Sozialwohnungen entstehen und das Kottbusser Tor rekommunalisiert werden, als Modellprojekt mit Mieterbeteiligung. Vieles davon wird – so der Zwischenstand nach dem Ende der Verhandlungen der Wohnungsmarktexperten – nicht kommen.

Die Linke sei „eingeknickt“, schreibt der Tagesspiegel noch.

Die SPD diktiert mit dem schlechtesten Wahlergebnis aller Zeiten also die Richtung, die Linkspartei – in Berlin schon immer neoliberal ausgerichtet – macht klaglos mit. Man freut sich schließlich auf Posten und Pensionen.

Es wird wohnungspolitisch keine einzig interessante Idee umgesetzt. Man kann sich nicht einmal darauf einigen, dass das noch verbliebene kommunale Bauland keiner Spekulation ausgesetzt wird.

Weiteres kleines Beispiel für die wohnungspolitische Richtung dieser „linken“ Regierung: Die CDU forderte im Wahlkampf 100.000 neue landeseigene Wohnungen für die nächsten fünf Jahre. Worauf einigt sich die neue rot-rot-grüne Koalition? Auf 55.000 Wohnungen im gleichen Zeitraum, davon nur 30.000 Neubauten, davon wiederum nur 3.000 Sozialwohnungen. Die Forderung der CDU zu halbieren, das muss man erstmal hinkriegen.

Noch ein Schmankerl aus dem Tagesspiegel:

Auch mehr Sozialwohnungen in neuen Siedlungsgebieten – ein Drittel bis die Hälfte forderten Grüne und Linke – wird es nicht geben. Die SPD will private Investoren nicht abschrecken.

Abschrecken ist auch nicht nett. Wohlmöglich hätten die Investoren danach bleibende Schäden.

Hätte die Öffentlichkeit noch einen gewissen Anspruch an Politik, die Politiker könnten so unverschämt nicht auftreten. Man würde von einer linken Regierung in der Wohnungspolitik selbstverständlich neue Ansätze erwarten: ein Thematisieren der Bodenfrage, ein öffentliches Verdammen privaten Spekulantentums, das Schaffen einer Atmosphäre, die die Bodenpreise massiv sinken ließe – einfach, weil das Kapital sich keine Hoffnungen machen könnte -, ein Blick auf Wiener Verhältnisse, eine Reaktivierung von Tempelhof unter sozialen Gesichtspunkten, eine IBA, eine Diskussion über öffentliche Flächen, gar eine Meta-Erzählung, wie wir wohnen wollen. All das wäre eine Selbstverständlichkeit. Es passiert: eine Anbiederung ans Kapital und vermutlich auch an die Bürokratie, sonst nichts.

Deutsche Verhältnisse. Die totale Affirmation ans Bestehende. Linke Politik als Fortsetzung der Umwandlung gesellschaftlicher in Naturverhältnisse. Reaktivierung von Sozialdarwinismus. Aber immer ganz wichtig: sich über die AfD empören.

Es läuft so ähnlich wie mit der rot-grünen Regierung ab 1998 im Bund: Eine neoliberale ökonomische Politik machen, von der das sogenannte bürgerliche Lager nur träumen kann. Der Gerhard Schröder von Berlin heißt Michael Müller, der Joschka Fischer Klaus Lederer oder Ramona Pop.

Rot-rot-grün in Berlin: Schröder/Fischer reloaded

Ob nun eine neue linke Sammlungsbewegung oder eine neue linke Volkspartei dies unter oder mit Sarah Wagenknecht, die inzwischen Ludwig Erhardt lobt anders machen würde, ist reine Hoffnungs- und Vertrauenssache. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

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