Der nächste Hype: Blockchaintechnologie
Der nächste Hype in den Medien und aller beflissenen Futurologen und Technikbeflissener ist die Blockchaintechnologie.Bekannt wurden sie zuerst wegen der Kryptowährungen, aber ihr Einsatz ist keineswegs darauf beschränkt.Die Blockchain generiert wie einst das Internet libertäre Heilserwartungen.
Erinnern wir uns noch der helisverkündenden, geradezu endzeiterlöslichen Ankündigen über den Cyberspace und die Wundersegnungen, die das Internet bringen werde, wie sie etwa John Perry Barlow vor der versammelten Globalisierungselite aus Managern und Politikern auf dem Wirtschaftsgipfel von Davos 1996 imaginierte:
»Regierungen der industriellen Welt, Ihr trägen Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes. Im Namen der Zukunft fordere ich euch, die ihr der Vergangenheit angehört, auf, uns nicht zu belästigen. Ihr seid nicht willkommen unter uns. Ihr habt keine Regierungsgewalt, wo wir uns versammeln (…) ich wende mich an euch mit keiner geringeren Autorität als der, mit der die Freiheit selbst zu sprechen pflegt. Ich erkläre den globalen sozialen Raum, den wir bauen, als naturgegeben unabhängig von dem tyrannischen Regiment, das ihr über uns zu errichten versucht. Ihr habt kein moralisches Recht, uns zu regieren, noch besitzt ihr irgendwelche Methoden zur Durchsetzung, die zu fürchten wir wahren Grund haben (…)
Der Cyberspace liegt nicht innerhalb eurer grenzen. Glaubt nicht, dass ihr ihn schaffen könnt, als ob es sich um ein öffentliches Bauvorhaben handelte. Er ist die Tätigkeit der Natur selbst und er wächst durch unsere kollektiven Handlungen (…)
Der Cyberspace besteht aus Transaktionen, Beziehungen und dem Denken selbst, die sich wie eine stehende Welle im Gewebe unserer Kommunikationen anordnen. Unsere Welt ist zugleich überall und nirgends, doch ist sie nicht dort, wo Körper leben.
Eure Rechtsbegriffe von Eigentum, Ausdruck, Identität, Bewegung und Kontext sind auf uns nicht anzuwenden. Sie gründen in der Materie, doch hier gibt es keine Materie«
So verkündet von John Perry Barlow vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos am 8. Februar 1996. das Weltwirtschaftsforum ist ein jährliches Treffen von Vertretern multinationaler Konzerne, Politiker, Journalisten, u.a.
»Ihrem Ton nach könnten die obigen Sätze aus einer Erweckungspredigt stammen, doch tatsächlich richteten sie sich an eine Versammlung von Wirtschaftsführern und Politikern. Ihr Autor John Perry Barlow steht mit seiner Biographie für die Kontinuität zweier kalifornischer Bewegungen, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam zu haben scheinen: der Hippies der 70er Jahre und der Cyber- Enthusiasten der 90er. Barlow, der damals Songs für Greatful Dead schrieb und heute als einer der Gurus des Cyberspace gilt, steht damit nicht allein:
Auch Kevin Kelly, einst Herausgeber des Alternativszenenblatts »CoEvolution Quarterly« (bzw. »Whole Earth Review«) und heute Chefredakteur von »Wired«, einer Art »Vogue« für die Cyberschickeria, steht dafür und LSD- Apostel Timothy Leary stand auch dafür. Doch unter den Cyberenthusiasten finden sich auch George Keyworth, der als Protege Edward Tellers Wissenschaftsberater Reagans wurde, und George Gilder, Multiaufsichtsrat und Vordenker der republikanischen Rechten. Was ist das für eine Koalition von Althippies und neurechten und vor allem: Was ist das für ein Ding, der Cyberspace, dessen Ankunft ihre Mitglieder unisono verkünden?«
(Rainer Fischbach »Der Mythos des 21. Jahrhunderts – Vom Krieg der Sterne zum Cyberspace in: Blätter für deutsche und internationale Politik 6/ 1998; S. 677)
Mit Linux und dem Internet dachte man auch einen Ort der grenzenlosen Cyberfreiheit zu erringen. Die Freiheitserwartungen und Heilsversprechungen des Internets nach Demokratiserung, Auflösung der Nationalstaaten und Hierarchien, wegfallende staatliche Kontrolle und Dezentralität, unbegrenzter Informationsfreiheit und Hebung des Bildungsniveaus erhielten ja erhebliche Dämpfer, zumal das Internet wie auch die sozialen Medien sich inzwischen mehr als Instrumente der Verblödung, der staatlichen Überwachung bis hin zu Chinas neuem Bonussystem und auch als miliärische Cyberwarwaffe entpuppte, die von Nationalstaaten gegen die eigene Bevölkerung und andere gerichtet wird.Keine Ahnung, wie sich dies dann mit der Blockchaintechnologie verhält.Dazu existieren noch keine Technologiefolgestudien und wird mehr spekuliert als es bisher handfeste Fakten gibt.
Blockchaintechnologie soll imstande sein Banken, Zentralbanken, Finanzämter, staatliche Institutionen sowie andere Intermediäre auszuschalten und überflüssig zu machen, wie schon das Internet viele Zwischenhändler, Reiseagenturen und andere Intermediäre. Folgender Autor träumt sogar von einer Blockchainrepublik freier, vom Staat unkontrollierter Individuuen, die sich Reichsbürgermäßig ihren eigenen Cyberstaat mit eigenem Cybervolk mittels Blockchaintechnologie schaffen, in dem man auch keine Steuern mehr zahlen muss. Ayn Rand, virtuelle Reichsbürger und die Libertären lassen grüssen.Inwieweit dies zutrifft, wäre einmal abzuklären.
Bekannt wurde die Blockchaintechnologie wegen der Kryptowährungen, aber ihr Einsatz ist keineswegs darauf beschränkt.Die Blockchain generiert wie einst das Internet libertäre Heilserwartungen.. Folgender Autor träumt sogar von einer Blockchainrepublik freier, vom Staat unkontrollierter Individuuen. Inwieweit dies zutrifft, wäre einmal abzuklären. Interessant ist dabei, dass die KP China Bitcoins verbietet, hingegen die Blockchain befürwortet.Ich kann mir nicht vorstellen, dass die KP China eine Schwächung des chinesischen Staats beabsichtigt wie in dem unteren Artikel in hoffnungsschwangeren Worten ausgemalt.Die ernüchternden Erfahrungen mit Internet und sozialen Medien nicht erst seit dem NSA-Skandal oder Cambridge Analytica sollten einen skeptiosch machen gegenüber allzu lichten Heilsversprechungen libertärer IT-Nerds und ihrer Follower.
Zum Vergleich, wie sich die KP China den Einsatz von Blockchaintechnologie vorstellt, ein Artikel aus dem Parteiorgan Volkszeitung/People´s Daily:
China says “no” to Bitcoin, “yes” to blockchain technology
By Jiang Jie (People’s Daily Online) 13:34, February 09, 2018
China is determined to push out Bitcoin, the price of which has drastically halved since it once topped $20,000 a coin, but the country has always been a staunch supporter of blockchain, the underlying technology on which the cryptocurrency kingdom was built.
In fact, the nation is taking the lead in blockchain technology development. The whole nation, from small- and medium-sized financial institutes to state-owned bodies, is actively exploring the technology.
Blockchain, an open, distributed ledger that records transactions among parties in a verifiable and permanent way, was first written into China’s 13th Five-Year Plan for the development of information technology in December 2016, as one of the major tasks and projects for the nation, along with other cutting-edge technology including quantum communication, AI, and autonomous driving.
In his new book “Blockchain: Quantum Wealth,” Han Feng, a supervisor at iCenter of Tsinghua University, observed that the new decentralized technology would unveil a new pattern of financial consumption.
IBM estimates that decentralized operations can cut management costs by 99 percent compared with centralized operations. For banks specifically, as much as $20 billion in operation costs could be saved every year, according to Santander Group.
In the latest ranking on blockchain patent rights holders, nearly half of the top 100 international companies are from China, and Jack Ma’s Alibaba sat on top with a total of 49 patents on blockchain technology, while the cryptocurrency research institute from People’s Bank of China ranked third with 33 patents. Bank of America Corporation took second with 44 patents, according to IPR Daily.
In addition to business players, Chinese academics were also highly involved in promoting the technology. China’s first blockchain research center at the university level was set up at Beihang University in Beijing, while Tsinghua University is one of the world’s first universities to set up postgraduate courses on the technology.
Tsinghua University also boasts a student association on blockchain made up of 153 members from computer science and other majors. The association aims to apply the technology to more real-life situations.
“Blockchain will play a key role in physical and virtual worlds. We want to explore and find out how the decentralized technology can best serve us,” said Jia Yinghao, head of the association, at a January summit held at the university.
Thanks to its decentralized peer-to-peer network that adheres to a set protocol, blockchain is also highly-secure and easy to audit, which cuts down on fraud, Han noted in his book.
“Cyberattacks on any single point would be futile. You would have to attack more than 50 percent of the countless blocks, which would cost hundreds of millions of yuan,” wrote Han, who is also the secretary general of Distributed Autonomous Coalition Asia (DACA), a large association initiated by OKCoin, BTCC, Vitalik Buterin (founder of Ethereum), and other important platforms of blockchain and Bitcoin.
The world’s pioneers have been leveraging the new technology to facilitate their operations. In as early as 2015, NASDAQ completed its first transaction based on blockchain technology, which means the stock was sold to an investor without a third-party agent or a stock exchange.
Also in 2015, a coalition called R3 CEV was set up among world’s biggest financial institutes in a bid to build a new operating system for financial markets. China’s Pingan Bank was the first Chinese financial institute to join the consortium, along with international counterparts such as Citibank and JP Morgan.
The Chinese version of R3 was launched in 2016 and it has welcomed at least 25 members since 2017.
http://en.people.cn/n3/2018/0209/c90000-9425881.html