KGB-„Putins Netz“, Sun Tzes 8 Agenten und die hybride Kriegsführung

KGB-„Putins Netz“, Sun Tzes 8 Agenten und die hybride Kriegsführung

Als der  Russia- Hawk der Republikanischen Partei Lindsey Graham gefragt wurde, welchen Eindruck er nach seinem Treffen mit Putin gehabt hätte. meinte er: „Ich habe ihm in die Augen gesehen und sah nur drei Buchstaben: KGB“. Damit schien alles gesagt. KGB böse, alles gesagt. Aber was ist denn damit eigentlich über den KGB- Mann Putin gesagt?Über Putins KGB- Vita ist nun sehr viel berichtet worden, neuerdings auch durch das Buch von Catherine Belton „Putins Netz- Wie der KGB sich Russland zurückholte und dann den Westen ins Augen fasste“. Stimmt soweit alles. Aber Putin war da nur der Repräsentant des KGBs, der es am besten schaffte durch die Protegierung anderer es ins Umfeld von Jelzin zu schaffen , als dessen neuer FSB- Nachfolger aufzusteigen und dann gegen Strafverfolgungsunterbindung von Jelzin auch Präsident Russlands zu werden. Und immer so zu tun, als hätte Jelzin nichts von den ganzen KGB- Verbindungen gewusst, ist ja nun auch eine Schönredung des guten Boris, der nach Gorbatschow als Heilsbringer Russlands nahezu kritklos durchging.

Interessantes Buch von Catherine Belton „Putins Netz-Wie der KGB sich Russland zurückholte und dann dem Westen zuwandte“.Aber meiner Ansicht nach ist der Buchtitel etwas irreführend.Zwar stammte Putin aus dem KGB,hat sich auch ähnlich Sun Tzes Einsatz von 8 Typen von Agenten als einem wesentlichen Mittel in Inland und Ausland bedient,um selbst an die Macht zu kommen und den Westen zu inflitrieren, zumal auch als Teil der hybriden Kriegsführung, aber dass der KGB jetzt quasi in Russland herrsche ist wahrscheinlich auch falsch. Putin hat zuerst gehofft, dass er wie bei Sun Tze den Westen so inflitrieren knne, „Putins Netz“ spinnen können, dass dann Trump und Le Pen die EU und NATO von innen her auflösen. Da es aber nicht dazu kam, auch Biden gewählt wurde, Putin aber dachte, dass der Westen schon so morsch sei, dass man ihm nun mittels eines Blitzkriegs in der Ukraine in völliges Chaos und Uneinigkeit stürzen könne, griff er zu militarischen Mitteln. Aöhnlich wie der damalige japnaische Militördiktator Tojo, der nach seinem USA- Besuch dies fü rien völlig morsches, dekadentes Land hielt, dass angesichts einer Militrdikatur und Grossasiatischer Wohlsatndssphäre des japanischen Imperialismus , scho gar nach der Weltwirtschaftskrise 1929 zusammenbrechen würde, dürften Xi und Putin eine ähnliche EInschätzung gehabt haben. Zugegeben eine Fehleinschätzung, von der nun auch die Chinesen ihn zuerst in der gemeinsamen Jagd nach einer multipolaren Weltordnung unter ihrer Definitionsmacht unterstützt haben und sich nun wieder offiziell distanzieren. Aber Putin , der zwar aus dem KGB kam, FSB-Chef unter Jelzin wurde, dessen Methoden zum Spinnen des Putinnetzes nutzte, hat sich als Führer schon längst vom KGB, nun FSB emanzipiert und darüber gestellt, wofür auch die Causa Beresa steht, zumal er nun die Ukraineoperationen an den GRU übergab. Dass Beresa wieder frei kam, dürfte zwar auch ein Zeichen sein, dass er es sich mit den FSBlern nicht verscherzen will und auch auf die Unterstützung der Silowiki angewiesen ist, aber interessant ist, dass die Moscow Times meint,dass solch eine Vorgehensweise nur unter Stalin möglich gewesen wäre, da Putin es im Griff hätte und die Geheimdienste und Militärs gegeneinander ausspiele und in Konkurrenz belasse, dass sich keine eigene Opposition noch Putsch gegen ihn formieren könne. Dazu als Lesetip in der Moscow Times

“Putin Pulls Russian Spy Agency Out of Ukraine :The Russian president put military intelligence in charge of spying in Ukraine”.

https://www.themoscowtimes.com/2022/05/12/putin-pulls-russian-spy-agency-out-of-ukraine-a77642

Doch es gibt auch neue Spekulationen:

„Ukraine-Geheimdienst sagt Kriegsende und Putin-Putsch voraus: Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj fordert noch mehr Druck des Westens auf Russland. Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes glaubt an ein Kriegsende noch im Jahr 2022 und sagt, dass ein Putsch gegen Wladimir Putin schon im Gange sei.“

https://m.focus.de/politik/ausland/das-ukraine-update-am-14-mai-ukraine-geheimdienst-sagt-kriegsende-und-putin-putsch-voraus_id_72885571.html

Während der ukrainische Geheimdienst behauptet, dass es zu einem Putsch gegen Putin im Laufe der letzten Jahreshälfte kommen würde, widerspricht eine deutsche Russlandexpertin da vehement:

„System aus Angst und Loyalität: Droht Putin ein schneller Sturz? So schützt sich der Kreml-Führer vor einem Putsch

Angesichts des schleppenden Kriegsverlaufs in der Ukraine mit militärischen Rückschlägen, vielen toten Soldaten und der zunehmenden Isolation Russlands stellt sich immer drängender die Frage: Wie lange kann sich Wladimir Putin noch als Kreml-Führer halten? Muss er fürchten, dass ihm die verlustreiche und bislang mäßig erfolgreiche Invasion im Nachbarland sein Ansehen kostet, vielleicht sogar sein Amt? Auf Deutsch: Gibt es Anzeichen für einen baldigen Sturz des roten Regenten – durch frustrierte Gefolgsleute oder das russische Volk?

„Im Großen und Ganzen können wir nicht damit rechnen, dass Putin so schnell gestürzt wird – weder durch eine Revolte aus seinem inneren Machtkreis noch durch eine breite Protestbewegung aus der Bevölkerung“, sagt Marina Henke, Professorin für Internationale Beziehungen an der Hertie School Berlin, im Gespräch mit FOCUS Online. Die 39-Jährige ist überzeugt: „Egal, wie der Krieg ausgeht, Putin wird Präsident Russlands bleiben.“

Theoretisch gebe es zwei Möglichkeiten, Putin aus dem Amt zu jagen. Die eine wäre, dass sich der innere Kreis Putins bzw. der Militär- und Sicherheitsapparat von ihm abwendet und eine Art Putsch anzettelt. Marina Henke: „In den deutschen Medien wird oft davon gesprochen, dass Angehörige des russischen Sicherheits- und Verteidigungsapparats, die sogenannten Silowiki, eine Klasse seien, eine Art Einheit, die nach Putin die Macht übernehmen könnten. Aber das ist ein Trugschluss.“

Die verschiedenen Organisationen – Geheimdienste, die russische Nationalgarde, Polizeieinheiten, Sicherheitsbehörden – stünden untereinander in Konkurrenz. „Da gibt es kein Miteinander und keinen Zusammenhalt. Sie überwachen und kontrollieren sich gegenseitig, es gibt Cliquen und Kämpfe, Misstrauen und Rivalitäten auf allen Ebenen“. Und genau das spiele Putin in die Karten, glaubt die Sicherheitsexpertin. „Falls jemand von der Nationalgarde einen Sturz Putins planen sollte, heißt das noch lange nicht, dass die Geheimdienste und die anderen Behörden da mitspielen. Viel wahrscheinlicher wäre, dass sie den Komplott auffliegen lassen und die Verantwortlichen ans Messer liefern.“

Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 habe es Putin meisterhaft verstanden, um sich herum Strukturen zu schaffen, die auf den Erhalt seiner Macht ausgerichtet sind und die jeden Versuch im Keim ersticken, an seiner Position zu kratzen. Als er von Boris Jelzin zum russischen Präsidenten ernannt wurde, hätten alle erwartet, dass er sich zu 100 Prozent in Jelzin Clique eingliedert, die sogenannte „Familie“ mit Oligarchen und anderen Unterstützern, so Henke. „Aber zur Überraschung aller hat sich Putin ganz schnell vor allem gegen die Oligarchen gewandt und einige von ihnen wegen Steuerhinterziehung oder aus anderen Gründen verfolgt.“ Das Signal sei eindeutig gewesen: „Ich bin jetzt Präsident und habe das letzte Wort. Entweder Ihr ordnet Euch unter – oder Ihr geht ins Gefängnis oder ins Exil!“

Putin hat also schon sehr früh für klare Verhältnisse gesorgt und innerhalb seines Regimes eine Hierarchie aufgebaut, die ihn selbst nahezu unangreifbar macht. „Diese Hierarchie besteht bis heute fort“, sagt Sicherheitsexpertin Henke zu FOCUS Online. „Die Leute um Putin sind sehr, sehr loyal. Sie wissen ganz genau, wenn sie nicht an Putins Seite stehen, dann ist ihre Karriere beendet und wahrscheinlich auch ihre Existenz vernichtet.“ Ähnliches gelte für die Oligarchen, die ihren Reichtum vor allem Putin zu verdanken haben. „Sie haben Angst, dass sie vor Gericht landen und ihnen alles weggenommen wird, wenn Putin nicht mehr an der Macht ist. Deshalb gibt es da einen großen Zusammenhalt.““

https://m.focus.de/politik/system-aus-angst-und-loyalitaet-droht-putin-ein-schneller-sturz-wie-sich-der-kreml-fuehrer-vor-einem-putsch-schuetzt_id_98673357.html

 Man wird sehen, ob die Ukrainer recht behalten oder es ihre zweckoptimitische Kriegspropaganda war oder die Russlandversteherin, die dann wieder vorgewerfen könnte, dass diese Fehleinschätzung im Falle eines Putsches gegen Putin dann wieder die alte deutsche Kremlastrologie und wishful thinking in der Tradition der Ostpolitik sei.

Desweiteren gibt es nun auch etliche Gerüchte und Spekulationen um Putins Gesundheitszustand. Zwei CIA-Experten wollen da Symptome eines Blutkrebses Putins entdeckt haben, wie andere meinten, er sei ungesund aufgedunsen und gealtert zu früher. Einer der ehemaligen Putin- und Gazpromberater Dr. Rahr schrieb Global Review zu Umsturzszenarien und fortgeschrittenem Alter Putins und zu der deutschen Russlandexpertin

„Die Expertin sieht die Sachlage realistisch. Ein Sturz wie gegen Chrustschwo ist nicht durchführbar , es gibt kein Politbüro. So wie es Gorbatschow geschehen ist, kann es auch nicht passieren.Dann müssten die Gouverneure zuvor den Staat aufteilen. Und die Variante Nikolaus II? Auch unrealistisch. Putin ist ein anderer Charakter. Er kämpft bis zum Ende.  Naja, mit den siechenden Generalsekretären h aben westliche Kremlastrologen Recht gehabt. Ich war auch einer von denen .Aber ich sehen im Gesicht Putins keine grosse Veränderungen, das war seit 2013 immer aufgedunsen. Ich habe es genau gesehen. Schönheitsoperationen. Andropow ist mit 69 gestorben, so alt ist Putin heute. Jelzin verliess den Kreml mit 69. Tscherenko starb mit 74, Breschnew mit 76, Stalin mit 73.“

Dennoch ist wichtig, dass Putin eben KGBler ist. Zwar bezeichnet man mit den Silowiki sowohl die russischen Geheimdienstkreise wie auch das Militär, aber Putin war eben kein Militär. In der russischen Geschichte gab es nicht einen Militärdiktator und alle Militärs, die das versuchten, nahmen ein vorschnelles Ende. Es hat keine Tradition in Russland und der letzte Militär, der dies versuchte war General Lebed, der auch mit einer eigenen Partei antrat, als Ordnungsstifter im Westen, z. B. bei der Münchner Gesellschaft für Auslandskunde in den 90er Jahren damals eingeladen und hofiert wurde, als möglicher „russischer Pinochet“, der Jelzin ablösen sollte, eine neoliberale Politik bei Pinochetscher Law and Order- Diktatur  durchsetzen sollte, aber dann merkwürdigerweise bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam, was dem Westen eine Option nahm. Vielleicht auch eine KBG-Aktion innerhalb der ganzen Silowiki. Jedenfalls sollte man sehen, wenn man Putin schon den Label des KGBs verpasst, er eben kein Militär ist oder kein „business man“ ala Trump, der angeblich nie einen Krieg führen könne  mit den damit vermuteten Eigenschaften. Denn Putin handelte auch wie ein ehemaliger KGBler, sah die Auseinandersetzung mit dem Westen und für eine multipolare Welt vor allem zuerst mal nicht militärisch, sondern geheimdienstlich. Über die letzten zwei Jahrzehnte baute er ein systematisches Netzwerk von Einflussagenten im eigenen Land wie auch im Westen auf und auch nicht allein, sondern mit seien Tausenden führenden Kumpels von Jakunin bis Primakow. Ähnlich wie beim chinesischen Vordenker des Einsatzes von 8 Typen von Agenten, Sun Tze in der „Die Kunst des Krieges“ setzt auch Putin vor allem auf die Infiltration und Desinformation des Gegners, fördert da zielstrebig alles, was den Westen schwächt- von Le Pen bis Trump bis Orban oder eben die AfD. In militärischen Belangen scheint aber der kGB- Mann als Geheimdienstmann keine grössere Ahnung, was nun das Fiasko in der Ukraine zeigt. Er verliess sich da auf die Informationen der Generäle und des Militärs, die aber scheinbar ihm mehr nach dem Mund redeten, ihre Stärke überschätzten und auch der Leiter der internationalen Abteilung des FSB Beresa, der die Ukraineaufklärung machte, scheint da nun als ausländischer Agent wie etliche Generäle vom KGB- Mann Putin gesehen und verhaftet zu werden, da er keine eigene Fehler sieht, sondern sich dies bedingt durch die Berufsparanoia eines KGBlers nur als Wirken ausländischer Geheimdienste, die da eine 6. Kolonne des Westens in seiner unmittelbaren Umgebung eingeschleust hätten, vorstellen kann. Jedenfalls sollte man sehen, dass Putins Stärke weniger in militärischen Belangen liegt, sondern seine Sorte hybride Kriegsführung andere Bereiche für wesentlich wichtiger hält und er da eher ganzheitlich, wenngleich auch nicht unmilitärisch denkt. Aber hybride Kriegsführung bedeutet eben nicht, einen schnellen militärischen Blitzkrieg in der Ukraine zu führen, sondern erst die Fundamente des Westens durch geheimdienstliche Inflitration und Desinformationskampagnen in den sozialen Medien jahrelang so unterminiert zu haben, dass der militärische Blitzkrieg dann den Westen in die letztendliche finale Krise bringen sollte. Das ist vorerst gescheitert mit der Ukraine, bedeutet aber nicht, dass KGB- Mann Putin nicht weiter auf eine Wiederwahl Trumps oder einem Wahlsieg Le Pens hofft und diesen weiter fördert. Umgekehrt sind die demokratischen Kräfte im Westen nun aufgewacht und können da ebenso geheimdienstliche Gegenaktionen starten. Zumal Putin und Xi ja auch die Widerprüche und Systemfehler des neoliberalen kapitalstischen und liberalen Westens nutzen, die rechtsradikale und populistische Bewegungen und Parteien hochgebracht haben, die man eben als Einflussagenten nutzen kann, um die NATO und EU nicht in erster Linie von aussen und militärisch aufzulösen und zu schwächen sondern von innen her oder beide zumindestens paralysieren kann.

Dass Putin es bestens versteht, sich als moderate Zentrumsmitte, als das kleinere Übel durch Schürung extremerer Stimmungen und Gruppen wie auch dem Isborsker Club und Teilen der Silowiki oder der sich in Hetze überbeitenden Moderatorenhetzer staatlicher Medien zu inszenieren wie dies Assad auch schon verstand, als er Teile des Islamischen Staats aus den Gefängnissen entliess, damit sie den USA im Irak und den anderen demokratischen säkularen Free Syrian Army und den von Muslimbrüdern und saudischen Salafistenmordbrennermilizen bekämfpten und Assad als das kleinere Übel angesehen wurde, ja auch als Bollwerk gegn den Islamismus, schildert Mikhail Zygar ganz gut, wobei er dies auch als gute alte KBG- Methode Putins benennt:  

„Putins Propaganda Wie der Atomkrieg in Russland populär wurde

Ein Kolumne von Mikhail Zygar

Vor zehn Jahren hätte kein vernünftiger Politiker oder Publizist in Russland gewagt, einen nuklearen Schlag gegen den Westen zu rechtfertigen. Das hat sich verändert – auch weil der Kreml die Normen verschoben hat.

14.05.2022

Die Rede von Wladimir Putin auf der Militärparade in Moskau am 9. Mai hat viele Beobachter aufatmen lassen. Man erwartete, dass er einen Atomschlag, eine Generalmobilmachung oder den Beginn des dritten Weltkriegs ankündigen würde – stattdessen wiederholte er nur das Mantra, wonach der Angriff auf die Ukraine »erzwungen« war, denn sonst hätte die Nato angeblich Russland angegriffen. Er sagte auch (erneut), dass es gar keine Ukraine gebe, und dass russische Soldaten »auf eigenem Boden kämpfen«.

Es war eine weitere Geschichtsvorlesung von Putin, wenig Neues. Dann war die Rede also doch keine große Sache, werden viele sagen. Nein, denn wenn wir das alles vor einem Jahr gehört hätten, wären uns die Haare zu Berge gestanden – aber in nur einem Jahr hat sich unsere Vorstellung davon, was normal ist und was verrückt, radikal verändert.

Diese Verschiebung der Norm ist Putins eingeübte Vorgehensweise. Er macht das meisterhaft, und zwar mit der Hilfe anderer Leute. Es ist wie das klassische Good-cop/bad-cop-Spiel – offenbar hat der sowjetische Geheimdienst KGB diese Art von Rollenspielen oft und sehr effektiv eingesetzt.

Ein Paradebeispiel ist die Art und Weise, wie sich der Kreml kürzlich mit Israel angeblich zerstritten und dann wieder versöhnt hat. Es begann damit, dass Außenminister Sergej Lawrow sagte, dass »auch Hitler jüdisches Blut hatte«, was bedeutet, dass auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj trotz seiner jüdischen Abstammung ein Nazi sein kann. »Es bedeutet absolut nichts«, sagte der Diplomat, »denn ein weises jüdisches Volk sagt, dass die bösartigsten Antisemiten gewöhnlich Juden sind.«

Die israelische Führung war empört, und Israels Außenminister Yair Lapid nannte Lawrows Worte »einen historischen Fehler«. Doch das russische Außenministerium griff weiter an. Lawrows Sprecherin Maria Sacharowa etwa erklärte, israelische Söldner kämpften in der Ukraine »Schulter an Schulter« mit dem nationalistischen Asow-Regiment.

Diese aggressive Haltung der Diplomaten war überraschend. Schließlich schien Israel bis vor Kurzem einer der loyalsten Verbündeten Russlands zu sein, während Präsident Selenskyj den israelischen Premierminister Naftali Bennett beschuldigte, der Ukraine die Kapitulation anzubieten. Doch dann erschien Putin und legte den Konflikt zwischen Russland und Israel bei. Er rief Premierminister Bennett an und entschuldigte sich für die Unhöflichkeit seines Außenministeriums.

Haben Putins Diplomaten ihn im Stich gelassen? Nein, ganz im Gegenteil. Er ist offensichtlich sehr zufrieden. Er hatte die Möglichkeit, gemäßigt und entgegenkommend aufzutreten und gegenüber Israel als das kleinere Übel zu erscheinen. Diesen Trick wendet er seit Langem mit großem Erfolg an – er zeigt, dass alle um ihn herum noch schlimmer sind als er selbst, radikaler, blutrünstiger, dümmer. Und selbst wenn er nicht perfekt ist – ohne ihn, so die Andeutung, wird es noch viel schlimmer sein.

Dies ist eine Technik, die Putin seit Jahren in der Innenpolitik anwendet. »Wenn nicht Putin, wer dann?«, lautete der Slogan, den die Kreml-Propaganda während der Massenproteste 2012 gegen die Opposition zu verwenden versuchte, um zu versichern, dass es in Russland keine vernünftigen Oppositionsführer gibt. Wenn in Russland faire Wahlen abgehalten werden, werden die Faschisten an die Macht kommen, schrieb die RT-Chefredakteurin Margarita Simonyan zu jener Zeit.

Damals gab es in Russland zwei populäre Diskurse: erstens einen demokratischen, prowestlichen mit Slogans, zu denen Hunderttausende von Demonstranten auf die Straße gingen, um gegen die Wiederwahl Putins für eine dritte Amtszeit zu protestieren. Zweitens einen konservativen, etatistischen, der von der staatlichen Propaganda verteidigt wurde. Ultranationalistischer, imperialistischer Radikalismus wurde als seltene Ausnahme betrachtet.

Doch nach den Massenprotesten von 2012 begann der Kreml damit, die Agenda zu ändern. Seither haben etliche Publizisten und Politiker eine ultra-imperialistische Haltung eingenommen. Während bis dahin nur Wladimir Schirinowski, ein Marionetten-Nationalist mit dem Ruf eines Clowns, diese Ansicht öffentlich vertreten hatte, erweiterte sich das Spektrum: Die Imperialisten begannen sich zu vermehren, wurden ständig in die Talkshows der staatlichen Fernsehsender eingeladen, erhielten Sendezeit im Radio und bekamen Platz in Zeitungen, die zuvor als anständig galten. Der Pro-Putin-Konservatismus wurde plötzlich zum Zentrum, zum gemäßigten Mainstream, während der imperiale Nationalismus und die liberale Demokratie als Flanken wahrgenommen wurden. Je weiter man sich von diesem Zentrum entfernte, desto mehr Raum nahm das aggressive Predigen über eine russische Expansion ein – und der normale Diskurs über Demokratie, Menschenrechte und globale Werte erschien zunehmend marginal und naiv.

Innerhalb eines Jahrzehnts hatte sich die Vorstellung von der Norm verschoben. Auch die Stimmung in der Gesellschaft veränderte sich. Eines der wichtigsten Instrumente zur Förderung einer radikalen Agenda waren und sind die sozialen Medien sowie die Troll- und Botfabriken, die dort immer aktiver werden. Sie haben eine erstaunliche Aufgabe erfüllt, indem sie lautstark und konsequent Ansichten verteidigt haben, die bis vor Kurzem noch beschämend erschienen. Vor zehn Jahren hätte es kein vernünftiger russischer Politiker oder Publizist gewagt, zu schreiben, dass ein Atomkrieg gegen den Westen in irgendeiner Weise gerechtfertigt sein könnte. Nur Verrückte, die sich hinter anonymen Internetkonten verstecken, hätten das tun können.

Kannibalistische, menschenverachtende Appelle

Aber sie haben gute Arbeit geleistet. Sie haben eine Geräuschkulisse geschaffen und brachten der russischen Gesellschaft bei, dass kannibalistische, menschenverachtende Appelle laut geäußert werden können, ohne dass man sich dafür schämen muss. Die Trolle haben die verborgenen Gefühle gewissermaßen legitimiert. Zehn Jahre lang haben die Kreml-Bots diesen Geist nach und nach aus der Flasche gelassen.

Die Boulevardpresse spielt eine ähnliche Rolle in der Gesellschaft. Sie kokettiert in der Regel mit den niederen Interessen ihres Publikums, gibt dem Drang nach, in der schmutzigen Wäsche von Prominenten zu wühlen und befriedigt das Bedürfnis, in persönliche Tragödien von Menschen einzudringen. Trollfabriken flirten mit niederen Gedanken – sie heben Tabus auf und geben vermeintlich einfache Antworten auf schwierige Fragen.

Vor zehn Jahren stand die Annexion der Krim noch gar nicht auf der russischen Nachrichtenagenda. Die russische Bevölkerung war keineswegs erpicht darauf, die Halbinsel zu erobern; es war kein wunder Punkt wie beispielsweise das Kosovo für die Serben oder Karabach für die Armenier und Aserbaidschaner. In Russland gab es keine öffentliche Forderung nach einer territorialen Erweiterung – die Annexion erfolgte fast spontan, und die Öffentlichkeit begann sich erst nach und nach dafür zu erwärmen. In den folgenden Jahren änderte sich jedoch die Tagesordnung. Die alte Norm ging im Wust des neuen radikalen Wahnsinns unter, der vielen bald nicht mehr als Wahnsinn erschien.

Ähnliche Prozesse fanden auch außerhalb Russlands statt, zum Teil dank derselben Trolle, zum Teil auf natürlichem Wege. Es stellte sich heraus, dass die sozialen Medien eine Schar von Dämonen freisetzen, die tödliche Ideen verbreiten.

Wer ist der härtere Falke?

Die vergangenen zwei Monate waren ein vernichtender Schlag gegen die Normalität. Was in der Ukraine geschieht, erschien im Februar fast allen in Russland apokalyptisch. Selbst die meisten russischen Fernsehzuschauer und die Mitglieder des Sicherheitsrates, die am 21. Februar, drei Tage vor Beginn des Krieges, hilflos auf Putin einredeten und zu erraten versuchten, was er von ihnen wollte, hätten dies als Wahnsinn und Albtraum empfunden.

Aber dann, nach Beginn der Invasion, begannen sie einen Wettstreit darüber, wer der härtere Falke sei – ein Wettstreit, den der ehemalige Präsident Dmitrij Medwedew gewann, jener Mann, der vor zehn Jahren noch wie eine Taube und ein Liberaler wirkte. Medwedews Äußerungen sind inzwischen so wahnsinnig, dass Putins Worte im Vergleich dazu wie der Gipfel der Mäßigung erscheinen. Lawrow und die russische Diplomatie spielen seit Langem dasselbe Spiel – sie geben Putin das Gefühl, die goldene Mitte zu sein.

Im Westen sind viele der Meinung, dass Putin diesen Krieg bereits verloren hat, und dass er nicht in der Lage sein wird, ihn als Sieg darzustellen. Aber so wirkt es nur, wenn man es von außen betrachtet. Von innen sieht es ganz anders aus. Putin sagt, er müsse einen Nato-Angriff auf Russland verhindern – und wenn es keinen Angriff gibt, hat er nicht schon verloren. Denn während des Krieges hat er seine Macht im Inneren maximal ausgebaut.

Bis vor Kurzem hatte Russland einen inhaftierten Oppositionsführer, Alexej Nawalny, und dessen große Zahl von Anhängern im Land, die Putin für einen Gauner und Dieb hielten. In den Gesprächen zwischen dem Kreml und dem Westen wurden stets auch die politischen Gefangenen und die Menschenrechte angesprochen. Aber das wirkt inzwischen weit von uns entfernt. Jetzt ist das alles vergessen, die alte Agenda ist zur Nebensache geworden, die neue Normalität legt nahe, dass Putins einziger Feind nicht Nawalny, sondern Joe Biden ist. Das bedeutet, dass alle inneren Feinde vom Kreml in aller Ruhe erledigt werden können. Vor dem Hintergrund der abscheulichen Verbrechen in der Ukraine wird das niemand bemerken. Alles, was weniger als ein Atomkrieg ist, ist bereits die Norm.

https://www.spiegel.de/ausland/wladimir-putin-wie-der-atomkrieg-in-russland-populaer-wurde-kolumne-von-mikhail-zygar-a-e8e0eb6d-d247-4609-892a-15a8d39be19e

 Dennoch verkürzt sich alles darauf, dass Putin als cleverer Ex- KGBler weitsichtig we im Ukrainekrieg alles unter Kontrolle hätte und dass die Geister, die er rief, vielleicht nicht mehr los wird, ähnlich wie die Reichswehr damals Hitler als Spitzel und Hilfstrupp förderte, dieser sich dann aber emanzipierte und selbständig eine Massenbewegung aufbaute, die dann auch die Macht errang. Und der russische Nationalismus ist keineswegs nur von Putin erfunden und geschürt, sondern existiert als breite gesellschaftliche Realität, auch wenn dieser nun durch Putin zugespitzt wird. Zumal haben auch damals Reagan und Colin S. Gray (Victory is possible) mit ihren Atomkriegsdrohungen, seien die Normenverschiebungen zugunsten des begrenzte Kriege in Euroshima oder protracted halbjährige globale Atomkriege zwischen den USA und Russland samt NATO- Manövern wie Ample Archer nicht nur medial verschoben. Putin bedient sich nun des Reaganschen Bluffs, den der Westen schon fast vergessen hat. Mag zwar Schirinowkski momentan noch ein mehr Kremlgesteuerter „Clown“ sein, wie damals Hitler in den Anfängen der Weimarer Republk von der KPD nur als „ein weiterer rechter Schreier“ und Anstreicher verharmlost worden sein, so ist eben die Frage, ob ein Post- Putinrussland, zumal nach einem verlorenen Ukrainekrieg und Abstieg, vielleicht auch unter einer anfänglichen demokratischen Partei und Führer dann nicht auch so demontiert wird seitens der von Putin geförderten und schon vor ihm existierenden nationalistischen Kräfte gestürzt wird, wie dies die „Erfüllungspolitiker“, die das „unbesiegte Deutschland auf dem Schlachtfeld“ nur mittels eines „Dolchstoss an der Heimatfront“ seitens der dann in der Folgezeit der Weimarer Republik aufgrund des Versailler Vertrags wurden. Vorerst kontrolliert Putin noch den Tiger, auf dem er reitet, aber es ist nicht so, dass Demokraten, sollten sie nach Putin dran kommen, nicht auch einen sehr ungemütlichen Ritt auf dem russischen Bären des Nationalismus und der Revanche und Imperiumsdenken hätten, der sie auch abwerfen könnte, zumal ohne eine grundlegende Reeductaion des russischen Volkes und einer Reform und Säuberung des Silowiki- und Oligarchenapperates gar nichts bessern würde, zumal diese restaurativen und revanistischen Kräfte momentan den Kern Russlands ausmachen und auch eine nicht zu unterschätzende Macht für jeden russischen Demokraten in einer Post- Putinära darstellen würden.

Zumal es auch eine Frage der Reform des ökonomischen Systems ist, denn das auf Öl- und Gasexporten basierende Resource Empire Putins müsste angesichts der weltweit stattfindenden dekarbonisierenden Energiewende auf eine neue Basis gestellt werden. Zurück zu der Wild-East-Oligarchenraubtierkapitalismusdemokratie der Jelzinära wäre da nur die Resettaste weswegen Putin ja drankam. Als Niedriglohnland, zumal als verlängerte Werkbank der Welt ala China eignet sich Russland auch nicht, da gibt es auch zuviel andere Länder in Konkurrenz, weswegen der Weg Chinas ala Deng Xiaoping auch nicht machbar scheint. Leapfroggen der Wirtschaft, das heisst einen qualitativen Sprung zu einer Hightech- Informationsgesellschaft schwebt Chodrokowsky vor. Als Niedrigsteuerparadies und Geldwäscheland ala Schweiz oder Virgin Islands ist auch keine stabile Grundlage, zumal selbst die USA eine globale Mindestssteuer einführen und Jagd auf Oligarchen und Steuerparadiese macht. Zudem käme hinzu, ob Russland für den Wiederaufbau der Ukraine und den Ukrainekrieg Reperationen und Entschädigungen zahlen müsste, wobei dies als eine Art Versailler Vertag und Ausverkauf Russlands angesehen werden und von nationalistischen Kräften genutzt werden könnte.

Zumindestens die Ukrainer machen sich über die Nachkriegsukraine in wirtschaftlicher Beziehung schon mehr Gedanken und wollen einen seltsamen Hybrid zwischen einem libertären Niedrigsteuerparadies und kaum Staat unter Berufung auf Deutschlands Wirtschaftswunder- Papstes Ludwig Erhardt und essen sozialer Marktwirtschaft, obgleich diese ja gerade nicht einen US- neoliberalen Raubtierkapitalismus ala Heritage Foundation beabsichtigte und keineswegs ein Libertärer ala Ayn Rand oder CATO war:

„Denkfabriken schmieden Zukunftspläne

Ukraine-Politiker: „Wir sind das wirtschaftlich freieste Land der Welt“

In der Ukraine schmieden libertäre Denkfabriken und Politiker schon jetzt Pläne für die Zeit nach dem Krieg. Und als VDie Zukunft der Ukraine war eines der zentralen Themen beim „Europe Liberty Forum 2022“ am 12. und 13. Mai. Veranstalter war das Atlas-Network, die führende weltweite Vereinigung libertärer Think Tanks. Eigentlich sollte die Veranstaltung in Kiew stattfinden, wurde aber wegen des Krieges nach Warschau verlegt.

Einer der Gastredner war Maryan Zablotskyy, Abgeordneter des Parlaments der Ukraine und Mitglied der regierenden Partei von Wolodymyr Selenskyj, dem Präsidenten der Ukraine. Zablotskyy war vorher Mitglied der Ukraine Economic Freedom Foundation, eine 2015 gegründete liberale Denkfabrik. Die Einkommensteuer in der Ukraine, so Zablotskyy, wurde kürzlich auf zwei Prozent gesenkt, zahlreiche Regulierungen und Zölle abgeschafft. „Derzeit sind wir das wirtschaftlich freieste Land der Welt“, sagte der Abgeordnete.

Steuersenkungen in der Ukraine in Kriegszeiten

Es ist mehr als außergewöhnlich, dass ein Land in Kriegszeiten Steuern senkt und Regulierungen abschafft. Normalerweise waren Kriegszeiten immer die Zeiten, wo Steuern massiv erhöht wurden und der Staatseinfluss ausgebaut wurde. 1942 wurde der „Victory Act“ in den USA beschlossen, der den Spitzensteuersatz auf 88 Prozent hochschnellen ließ, ein Niveau, das durch verschiedene Steuerzuschläge 1944 auf 94 Prozent anstieg. In Großbritannien stieg der Spitzensteuersatz in den 1940er-Jahren sogar auf 98 Prozent, in Deutschland kletterte er 1941 auf 64,99 Prozent.

„Wir glauben daran, dass wir stärker sind, wenn wir wirtschaftlich freier sind“, so Zablotskyy. Das wichtigste Ziel sei es, die wirtschaftlichen Reformen, die nur als vorübergehende Maßnahmen beschlossen wurden, nach dem Krieg permanent zu machen.

„Window of opportunity“ für die Ukraine

„Nach dem Krieg“ ist eine Formulierung, die man auf dem Kongress häufig hört. Es gab aus der Ukraine niemanden, der darüber nachdachte, wie der Krieg ausgehen könnte. Die Diskussion ging ausschließlich darüber, welche Chancen sich nach einem Sieg ergeben würden. Nataliya Melnyk, Vertreterin des Bendukidze Free Market Center in Kiew sagte, es sei falsch, wenn als Ziel ausgegeben werde, die Ukraine wieder aufzubauen. „Es kann nicht darum gehen, die Verhältnisse der Vorkriegszeit wieder herzustellen, sondern es geht darum, etwas Neues zu schaffen.“

Sie spricht von einem „Window of opportunity“ und verweist auf die Befunde des „Index of Economic Freedom“ der Heritage Foundation, wonach die Ukraine das wirtschaftlich unfreieste von 45 Ländern der europäischen Region sei. Auch im weltweiten Ranking steht die Ukraine nur auf Platz 127 in dem Index, und damit sogar hinter Ländern wie Indien oder Nicaragua. Die größten Defizite sieht die Heritage Foundation bei Themen wie den Eigentumsrechten, der Rechtsstaatlichkeit und der Arbeitsmarktregulierung.

„Enorm große Schattenwirtschaft der Ukraine nicht abgebildet“

Roman Waschuk, von 2014 bis 2019 Botschafter Kanadas in Kiew und heute Business Ombudsmann für die Ukraine, differenziert diesen Befund allerdings etwas: So wirtschaftlich unfrei, wie man es in dem Index und anderen Statistiken beschreibe, sei die Ukraine nicht. „Solche Rankings werten nur die offiziellen Statistiken aus, in denen die enorm große Schattenwirtschaft der Ukraine nicht abgebildet ist.“ Viele Menschen im Westen seien überrascht gewesen, dass die Armee der Ukraine weit besser sei, als sie dachten. Und das Gleiche gelte auch für die Wirtschaft des Landes, sagte Waschuk.

Besonders im IT-Sektor, der nach Angaben von Nataliya Melnyk mindestens 250.000 Spezialisten umfasst, werden extensiv Steuerschlupflöcher genutzt. Der Spitzensteuersatz in der Ukraine lag früher bei 20 Prozent, jedoch gibt es eine Regelung, wonach „individual entrepreneurs“ nur fünf Prozent zahlen. Eigentlich, so Waschuk, war diese Steuer für ganz andere Fälle gedacht, vielleicht für die Frau, die am Marktplatz ihre Produkte verkauft, aber sie wurde dann auch von Unternehmern wie etwa von IT-Spezialisten genutzt.

Ludwig Erhard als Vorbild für die künftige Ukraine

Einig sind sich alle darin, dass Reformen dringend nötig sind, denn viele Regulierungen in der Ukraine stammen noch aus den 1970er-Jahren, also aus der Sowjetzeit. Tom Palmer, Executive Vice President for International Programs des Atlas-Networks, nennt Ludwig Erhard als Vorbild für die künftige Ukraine. Heute werde oft ein Marshallplan für die Ukraine gefordert. Palmer meint: Nicht ein Marshallplan werde der Ukraine helfen, sondern nur marktwirtschaftliche Reformen nach dem Vorbild Erhards.

Zweifelsohne hat Palmer recht. Denn die richtige wirtschaftspolitische Weichenstellung durch Erhards marktwirtschaftliches Konzept war für das darauffolgende „Wirtschaftswunder“ der Bundesrepublik Deutschland eindeutig wichtiger als der sogenannte „Marshallplan“. Dieser Plan, nach dem damaligen amerikanischen Außenminister George C. Marshall benannt, sah Hilfsleistungen für die notleidende und teilweise hungernde Bevölkerung Europas nach dem Krieg vor.

Das Programm hatte ein Volumen von 13,1 Milliarden Dollar. Doch obwohl die Briten mehr als doppelt so viele Gelder aus dem Plan bekamen wie die Deutschen, entwickelte sich Großbritannien viel schlechter: Denn während die Briten von Sozialisten regiert wurden, führte der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Erhard in Deutschland die Marktwirtschaft ein – übrigens hatte er das Konzept dafür schon in der Kriegszeit geschmiedet.

Die neue Ukraine: Kampf gegen Korruption, Aufbau eines Rechtsstaates, wirtschaftliche Freiheit

Die libertären Think Tanks in der Ukraine sind besser in der Politik vernetzt als in den meisten westlichen Ländern. Alexander Daniljuk, Mitbegründer des Free Marktes Centers, war 2016 bis 2018 Finanzminister in der Ukraine und der Abgeordnete Zablotskyy meint sogar, die Mehrheit im Parlament hänge heute libertären Ideen an. Das libertäre Atlas-Netzwerk hilft jedoch auch ganz praktisch der Ukraine. Atlas hat bis heute 2,3 Millionen Dollar eingesammelt zur Unterstützung des Landes.

Deutsche und Amerikaner, die zu dem Netzwerk gehören, sammeln nicht nur Geld, sondern bringen Medikamente, Nachtsichtgeräte, Drohnen und schusssichere Westen in die Ukraine. Ein Beitrag in „ The Spokesman-Review “ ist überschrieben mit: „In Ukraine, an informal web of Libertarians becomes a resistance network“ was im Deutschen so viel heißt wie: „In der Ukraine wird ein informelles Netz von Libertären zu einem Widerstandsnetzwerk“.

Das Programm der Libertären für die Ukraine ist klar. „Wenn wir von der ‚neuen Ukraine’ sprechen, dann meinen wir damit vor allem drei Dinge“, so Nataliya Melnyk: Kampf gegen die Korruption, Aufbau eines Rechtsstaates, wirtschaftliche Freiheit. Vielleicht klinge es etwas pathetisch, so Melnyk, aber „Freedom is our religion“. Immer wieder beschwört man sich bei der Atlas-Veranstaltung: „Next year in Kiew“.

https://m.focus.de/finanzen/denkfabriken-schmieden-zukunftsplaene-ukraine-politiker-wir-sind-das-wirtschaftlich-freieste-land-der-welt_id_99035302.html

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